21
Sep
2015

1
Sep
2015

Dank nach 5 Jahren als Rektor der HfM Dresden

Verehrte Damen und Herren,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
liebe Studierende,

eine intensive Zeit von 5 Jahren als Rektor der HfM Dresden geht zu Ende. Es war mir eine große Ehre und die meiste Zeit auch eine Freude, dieses Amt innehaben zu dürfen. Dies umso mehr, als ich von 1979 – 1984 selbst an diesem Institut studiert habe und insofern die Bindungen naturgemäß stark und die daraus resultierenden Motivationen groß sind.

Das erste und letzte Wort hat die Musik, habe ich zu meiner Investitur 2010 mit dem Blick auf Schumanns 2. Sinfonie angekündigt. Von den damals skizzierten Ideen sind die meisten Realität geworden:

- die regionale Zusammenarbeit mit den vielen Kunst- und Kulturinstitutionen wurde massiv verstärkt,
- das einzigartige Ausbildungskonzept der HfM Dresden konnte personell und finanziell vorangebracht werden, insbesondere auch durch Anträge und Gelder für zusätzliche Stellen,
- prägende Schwerpunkte wie KlangNetz und Opernklasse konnten profiliert werden und haben sich mit eindrücklichen Projekten zu Wort gemeldet,
- nachdrücklich ausgebaut wurde der Bereich Lehramt, der durch eine Sonderzielvereinbarung ebenfalls zusätzliche Stellen und finanzielle Mittel erhielt,
- die Abteilung JRP hat weiter an Attraktivität gewonnen und bei vielen Projekten haben 'Klassiker' und 'Jazzer' interdisziplinär zusammengearbeitet – eine Tatsache, die Kollegen der JRP-Abteilung ausdrücklich 'mit Stolz' registrierten (namentlich nach Schumann revisited und nach Treemonisha),
- ein neues Haus konnte im Kraftwerk bezogen werden, die Bedarfsanmeldung für eine dauerhafte Lösung wurde auf den Weg gebracht und wird vom SMWK massiv unterstützt,
- mit vielen Initiativen, Wettbewerben wie Meisterkursen wurde die "Marke" HfM Dresden international sichtbar gemacht und hat deutlich an Ausstrahlung gewonnen.

Es wurde eine Hochschulentwicklungsplanung bis 2020 mit einem neuen Leitbild verabschiedet, personell hat ein Generationenwechsel stattgefunden, bei dem einige Abteilungen fast gänzlich neu und mit jungen Kolleginnen und Kollegen aufgestellt wurden. Nachdrücklich hat sich auch das Verhältnis zu Gunsten einer ausgewogeneren Balance der Geschlechter verändert. Zuletzt wurden auch die Lehrbeauftragten im Kampf um bessere Arbeitsbedingungen mit deutlichen Verbesserungen belohnt. Mit wichtigen Veröffentlichungen und Kongressen konnten in Forschung, Wissenschaft und Pädagogik nachhaltige Impulse gesetzt werden. Besonders dankbar bin ich für die eindeutige und klare Haltung, mit der die Gremien der HfM Dresden die Initiativen hinsichtlich aktueller Herausforderungen zum Thema Studiengebühren für Nicht-EU-Ausländer und zur Flüchtlingsproblematik unterstützt haben.

Dies alles ist unserem und Ihrem gemeinsamen Bemühen zu danken. In meiner Antrittsrede vor 5 Jahren habe ich – an Schumann anknüpfend – sinngemäß formuliert und darum gebeten:

- aus kurzen Motiven große Themenentwürfe und Melodien zu formen,
- im Vertrauen auf die klassische Struktur einer funktionierenden Hochschuldemokratie auch dissonante Stimmen und verwirrende Ereignisse als Bereicherung des Ganzen zu begreifen,
- aus Freud und Leid, Hoffnung und Enttäuschung gemeinsam kraftvoll-lyrische Poesie zu formen, die ansteckend, mit elektrisierender Vitalität und emphatischem Geist lustvoll Tiefe des Wissens, Kraft des Fühlens, Schönheit des Könnens vermittelt.

Ich danke allen, die diesen Ansatz mitgetragen und vehement unterstützt haben. Wir sind damit ein bedeutendes Stück vorangekommen und ich empfinde die zurückliegenden Jahre als eine große Bereicherung.

Was wäre eine Hauptstimme ohne Kontrapunkte – mitunter hätte ich mir gewünscht, die Nebenstimmen hätten sich deutlicher, offener und mit klaren Konzepten zu erkennen gegeben, ob in den Gremien oder in der direkten Auseinandersetzung. Dem Gesetz der Fuge folgend wechselt eine zeitweilige Hauptstimme wieder in den Kontrapunkt. Einer neuen 'Durchführung' des alten Themas Musikausbildung steht nichts im Wege, am wenigsten die alte Hauptstimme, die sich neu anzupassen hat.

Dem neuen Team an der Spitze wünsche ich unbefangene Unterstützung und gutes Gelingen sowie ein gutes Gehör für die vielen Kontrapunkte aus dem Kreis der Lehrenden, der Studierenden und derer, die uns in Verwaltung und Technik stets vehement und mit viel Herzblut zur Seite stehen. Lassen Sie uns dabei die riesigen Herausforderungen der Kunst nicht aus dem Auge verlieren, die in einer Zeit von Flucht, Vertreibung, Krieg und Leid uns alle umtreiben. Kunst und Musik werden in ihrer Substanz erschüttert und müssen selbst wieder substanziell werden, um die Gesellschaft im Kern ihrer Probleme zu erreichen. Möge uns das gelingen.

Ich danke Ihnen für eine intensive und gute Zeit.

Mit herzlichen Grüßen
Ihr
Ekkehard Klemm

7
Jun
2015

Dirigierkurs in Dresden

Letzte Möglichkeit der Anmeldung diese Woche!

Zu einem sehr interessanten Kurs mit dem Philharmonischen Kammerorchester Dresden laden die Dresdner Meisterkurse Musik 2015 ein. Das Programm bietet mit Ausschnitten aus Opern von Mozart (Idomeneo, Don Giovanni), mit Werken von Stravinski, Beethoven und Mark Andre eine breite Vielfalt anspruchsvoller Aufgaben. Jeder Aktive darf in den Abschlusskonzerten dirigieren.

Herzliche Einladung!!

31
Mrz
2015

Brief an den Orchestervorstand der Sächsischen Staatskapelle Dresden

Logo-Staatskapelle


Aus Gründen der Dokumentation sei hier ein aktueller Brief zum Thema Musikerausbildung angezeigt. Er versucht, das Thema einer aktuellen Kritik an der Ausbildung der Musikhochschulen etwas weiter zu fassen. In den Dresdner Neuesten nachrichten erschien dazu heute ein redaktioneller Beitrag, der etliche Gedanken dieses Briefes aufnimmt.


Verehrter, lieber Herr Wylezol,
liebe Kolleginnen und Kollegen,

die Kritik über den mangelnden Nachwuchs, der in deutschen Musikhochschulen und speziell auch in Dresden ausgebildet wird nehmen wir sehr ernst und ich erlaube mir gerade deswegen, Ihnen dazu einige Gedanken zu übermitteln.

Wie entsteht Elite in der Ausbildung des musikalischen Nachwuchses? Welche Voraussetzungen sind dafür notwendig und wieviel Breite ist nötig, um am Ende die so wichtige und hochqualifizierte Spitze zu erhalten?

Um mit einem Beispiel zu beginnen: Wenn Rudolf Mauersberger seinerzeit Nachwuchs für den Kreuzchor gesucht hat, fuhr er ins Erzgebirge und suchte ihn in den Kurrenden und Kantoreien. Für Roderich Kreile würde sich die Frage stellen, wo er überhaupt hinfahren soll, denn es gibt weder Kurrenden noch Kantoreien wie früher, auch die Kantoren sind nicht mehr da, weil sich ein riesiger Wandlungsprozess vollzogen hat. Weder Musikschulen und gleich gar nicht Schulen können das Weggebrochene auffangen. Das gesamte Reservoir des deutschen Musikernachwuchses ist momentan in Frage gestellt, weil die gegenwärtige gesellschaftliche Situation Kultur und besonders Kunst an den Rand drängt. Freischaffende wie fest Engagierte, von den besser bezahlten Spitzenensembles abgesehen, fristen ein Dasein am unteren Rand der Einkommensskala. Fast alle sächsischen und viele deutsche Orchester arbeiten unter Haustarifvertrag. Es wird nur noch über Abbau, Fusionen oder Einsparungen geredet, die Situation an den Musikschulen hinsichtlich der Verdienstmöglichkeiten ist katastrophal. Weder regionale Orchester noch Musikschulen sind realistische Perspektiven für junge Leute, die geeignet wären, den Musikerberuf zu ergreifen. Nicht zu reden von der Wertigkeit des Faches Musik an den allgemeinbildenden Schulen. Wir stehen also vor einem viel größeren Problem, als es auf den ersten Blick scheint und keinesfalls können hier nur die Musikhochschulen in die Pflicht genommen werden.

Dort anzusetzen wäre also die vordringlichste Aufgabe. Gelingen kann das nur, wenn alle Kräfte an einem Strang ziehen, wenn Spitzenmusiker, Pädagogen und Musikhochschulen Netzwerke in die Regionen hinein entwickeln, Talente aufspüren, fördern und wenn die Politik und die gesamte Gesellschaft dem Berufsstand wieder eine Zukunft und Vision gibt. Neben der dringend notwendigen hohen Qualität einer Elite-Ausbildung ist also zunächst und vor allem auch die Breite zu fördern, aus der die Spitze überhaupt wachsen kann.

Für die Eliteausbildung gibt es in Dresden durchaus herausragende Möglichkeiten und auch hervorragendes Personal. Es gibt das Sächsische Landesgymnasium als pre college - was es nicht gibt, sind attraktive Bedingungen für den großen Kreis der Lehrbeauftragten, die völlig unter Wert bezahlt werden. Hierfür kämpft die HfM Dresden seit Jahren, wohl wissend, dass qualifiziertes Personal auch an qualifizierter Bezahlung hängt. Mit ihren Kontakten in die Regionen steht die HfM Dresden geradezu vorbildlich da, indem sie etwa regelmäßig mit fast allen sächsischen Orchestern zusammenarbeitet, gemeinsame Projekte und Absolventenkonzerte gestaltet, die sowohl in den Regionen als auch in Dresden erklingen. Ich persönlich habe dieses Netzwerk in den letzten Jahren entscheidend vorangetrieben und entwickelt. Die Dresdner Studierenden profitieren dabei in vielerlei Form: Die Hochschule ist mit Praktika und Substituten in fast allen Orchestern von Görlitz bis Eisenach präsent und aktiv, bei den Konzerten selbst gibt es zahlreiche Möglichkeiten, besonders Begabte als Solisten auftreten zu lassen, Dirigenten die so wichtige Praxis zu vermitteln und die HfM Dresden als attraktiven Ausbildungsort in ganz Mitteldeutschland bekannt zu machen. Um dieses Netzwerk zu allen regionalen Orchestern und darüber hinaus vielen regionalen und überregionalen Musikschulen beneiden uns viele Kollegen als eines Dresdner Alleinstellungsmerkmals. Spitze trifft auf Breite und wäre imstande, neue Spitze anzulocken, wenn der Beruf eine Perspektive darstellen würde. Oft wünschen auch wir uns schnellere Erfolge und Fortschritte – sie zu erringen bemühen wir uns seit Jahren, nach wie vor entstammt die Mehrzahl unserer Professorinnen und Professoren in den Instrumental- und Gesangsfächern selbst den Spitzenensembles oder gehört ihnen an. Dem Engagement dieser Dozenten kann nicht genug Dank gesagt werden! Es als zu ungenügend zu kritisieren, zielt vorbei und ist – nebenbei bemerkt – eine Kritik an den eigenen Kolleginnen und Kollegen.

Als Rektor der HfM Dresden blicke auch ich mit verhaltenem Stolz darauf:

- dass ausgerechnet in der Sinopoli-Akademie im letzten Jahr 7, heuer 5 Absolventen unseres Hauses spielen (in der von mir betreuten Premiere der
Nachtausgabe von Ronnefeld bestand die Mehrzahl des Orchesters der Akademie aus Absolventen und Studenten der von mir geleiteten Hochschule),
- dass ein weiterbildender Studiengang Chorgesang mit dem Chor der Semperoper ins Leben gerufen werden konnte (aktuell 4 Studierende),
- dass der neue Chordirektor und sein Stellvertreter (Herr Andresen und Herr Volke) beides Dresdner Absolventen sind (Schüler von Herrn Rademann und
mir selbst),
- dass unter den jüngeren Kollegen in der Staatskapelle mindestens 11 Absolventen engagiert sind, die unter meiner Leitung noch im Hochschulorchester
(also nach 2003) aktiv waren.

Semperoper und Hochschule arbeiten außerdem bei Semper II Junge Szene erfolgreich zusammen, mehrere Produktionen der letzten Jahre wurden von unseren Studierenden gespielt und sowohl von der Presse als auch der hauseigenen Leitung außerordentlich gelobt, so u.a.:

- Der gestiefelte Kater
- Die Prinzessin auf der Erbse,
- Mario und der Zauberer,
- Prinz Bussel,
- Der Teufel mit den drei goldenen Haaren
- Die Konferenz der Tiere (dort war es das Junge Sinfonieorchester des Landesgymnasiums).

Intensive Kontakte und Kooperationen gab es auch innerhalb der Veranstaltungen mit den capell-compositeuren und dem Schostakowitsch-Festival, für das die HfM Dresden gerade im letzten Zyklus ihren Saal großzügig für Proben und CD-Aufnahmen mit Gidon Kremer bereitgestellt hat. Eine solch fruchtbare Zusammenarbeit mit Weltspitzenensembles wie der Sächsischen Staatsoper und Staatskapelle können nur wenige Musikhochschulen vorweisen – sie wird uns langfristig auch neue und weitere Erfolge bringen.

Verbunden mit großem persönlichen Engagement der Hochschulleitung und mir ganz persönlich sind in den letzten Jahren außerdem mehrere Professuren für die Orchesterausbildung extra geschaffen und übrigens auch mit Kollegen der Dresdner und Berliner Staatskapelle besetzt worden. Der Schuncke-Hornpreis ging kürzlich an einen Studenten von Prof. Robert Langbein (Peter Müseler), das trio sostenuto hat im letzten Jahr den 2. Preis im Hochschulwettbewerb Ensemble Neue Musik gewonnen, Dirigierstudierende der unmittelbar letzten Jahrgänge arbeiten in festen Engagements u.a. in München, Berlin, Bern, Basel, Kaiserslautern, Hof, Mainz, Koblenz, Dresden, Seoul, Odessa, Yokohama, Peking usw. Mit den Dresdner Meisterkursen Musik DMM ist ein zusätzliches Instrument geschaffen worden, junge Leute an die Elbe zu locken. Ich bin dankbar, dass dabei Kolleginnen und Kollegen der hiesigen Ensembles fest integriert sind. Im Januar fand in Köln eine gemeinsame Konferenz der Deutschen Orchestervereinigung, des Deutschen Bühnenvereins und der Rektorenkonferenz der Musikhochschulen zum Thema Orchesterausbildung statt, wo nach Wegen neuer Ansätze und vor allem Gemeinsamkeiten gesucht wurde. Ich selbst war in die Vorbereitungen aktiv integriert, weil das Thema so wichtig ist, konnte nur an der Konferenz selbst wegen eines Auslandsaufenthalts nicht teilnehmen.
Die Kontakte und Bemühungen, die Elite nach Dresden zu holen und hier auch kompetent auszubilden, sind also überaus vielfältig, an einigen Stellen durchaus erfolgreich und die Spitzenensembles – neben der Staatskapelle übrigens auch die Dresdner Philharmonie mit verschiedenen Aktivitäten – sind darin hervorragend eingebunden. Ich habe es vor diesem Hintergrund bedauert, dass das früher recht aktive und wichtige System der Substituten aufgegeben wurde. Umgekehrt habe ich in mehreren Gesprächen, an die anzuknüpfen wäre, für die Idee eines gemeinsamen Master-Studiengangs für die Akademisten (analog der Lösung für die Chorsänger) geworben, die durch so eine Möglichkeit als Studierende immatrikuliert wären und neben anderen Vorteilen (Studententicket, Versicherungsstatus) ihre akademische Karriere fortsetzen könnten.

Für die Ernsthaftigkeit des Umgangs mit der von Ihnen geäußerten Kritik kann ich mich seitens der HfM Dresden verbürgen und wünsche nichts sehnlicher, als die gemeinsam vorangebrachten Dinge weiter zu entwickeln. Allgemeine und sehr verkürzte Schuldzuweisungen in so herausgehobener Form dagegen sind aus unserer Sicht wenig hilfreich und – mit Verlaub – auch nicht zutreffend. Ich darf darüber hinaus erwähnen, dass Musikhochschulen heute wesentlich mehr auszubilden haben als nur Orchesternachwuchs – auch auf anderen Feldern müssen wir erfolgreich agieren und tun dies recht erfolgreich. Dies betrifft die Sängerinnen und Sänger ebenso wie Pianisten, Jazzmusiker, Musiklehrer in verschiedensten Ausprägungen und auch Komponisten, Dirigenten, Korrepetitoren und Musiktheoretiker. Es gibt jede Menge Absolventen, die auswärts Erfolg hatten und als sehr qualifizierter Nachwuchs aus Dresden wahrgenommen werden. Die Liste der Engagements und auch vieler Preisträger sind in den Jahrbüchern regelmäßig nachzulesen.

Ich rege ausdrücklich an, zu den Problemen ein gemeinsames Gespräch zu führen und knüpfe dabei an die Idee an, mit einem Dresdner Institut für Ensemble- und Orchesterentwicklung (DIEO) ein gemeinsames Forum zu schaffen und zu etablieren, wo alle Beteiligten in ständigem Austausch stehen, regelmäßig miteinander kommunizieren und nach Lösungen suchen. Die vielen unterschiedlichen Aktivitäten und Projekte hätten dann eine Plattform, die auch nach außen sichtbar macht, dass wir die Probleme konzertiert angehen und es in Sachsen und Dresden Initiativen gibt, genau den Nachwuchs heranzubilden, den Sie sich so dringend wünschen. Diese Idee hatte ich verschiedenen Ansprechpartnern bereits mündlich sowie teilweise auch schriftlich vorgetragen und auf dieser Basis sind viele der oben benannten Aktivitäten entstanden.

Gestatten Sie mir bitte noch einen ganz persönlichen Gedanken: Seit meiner Jugend im Dresdner Kreuzchor bin ich der Staatskapelle zutiefst verbunden, habe unzählige Konzerte unter Herbert Blomstedt, Rudolf Kempe, Wagners Ring mit Marek Janowski, Schönbergs Moses und Aron mit meinem späteren Lehrer Siegfried Kurz und vieles mehr erlebt. Es war mir eine große Ehre, in mehreren Konzerten der Singakademie, in Ihren Aufführungsabenden und auch in der Oper selbst mit dem Orchester zusammenarbeiten zu dürfen. Die von Ihnen skizzierten Probleme zu lösen ist daher eine der wichtigsten Motivationen, warum ich mich um das Rektorenamt der HfM Dresden beworben habe. Einfache Lösungen dafür gibt es jedoch leider nicht. Um die komplizierteren habe ich mich nach Kräften bemüht.

Ich freue mich auf weitere Kontakte und Gespräche, gern auch mit dem gesamten Vorstand der Kapelle und bin mit freundlichen Grüßen
Ihr

Ekkehard Klemm

1
Feb
2015

"in der Fremde" - Veranstaltung der drei Dresdner Kunsthochschulen

Zur gestrigen gemeinsamen Veranstaltung der drei Dresdner Kunsthochschulen war der Konzertsaal überfüllt mit Gästen aus nah und fern - u.a. auch mit Asylbewerbern, die z.Zt. in Dresden wohnen. Dozentinnen und Dozenten haben sie selbst mit dem Auto abgeholt und wieder 'nach Hause' gebracht - vielleicht nur eine symbolische Geste, aber eine, die angekommen ist. Das Echo war überwältigend, Flüchtlinge aus Eritrea, Syrien, Tunesien und Somalia inmitten von Studierenden und ihren Dozenten, Musik, Tanz, Bilder, Essen und Trinken, Gespräche... Die folgende Begrüßung wurde (leicht gekürzt) live ins Englische und Russische übersetzt und war auf Video-Leinwand Arabisch zu lesen:

Meine sehr geehrten Damen und Herren,
liebe Gäste,

"Fremd bin ich eingezogen, fremd zieh' ich wieder aus." Die weltberühmten Worte aus Schuberts Winterreise, geschrieben vom romantischen Dichter Wilhelm Müller sind Worte eines Wanderers, eines Flüchtlings auf der Suche nach Heimat und Liebe.

Worte, die unserer heutigen Veranstaltung den Namen gegeben haben. Die verwirrenden und irritierenden Ereignisse der letzten Wochen hier in dieser Stadt und in ganz Deutschland haben die Dresdner Kunsthochschulen bewogen, Sie an diesem Nachmittag einzuladen. Mit unserer Kunst wollen wir ein Statement abgeben, was uns ein weltoffenes Dresden bedeutet!

Nicht nur die Asylsuchenden sind in Deutschland "in der Fremde", auch viele ausländische Künstlerinnen und Künstler, Freunde, Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sowie sehr viele internationale Studierende sind besorgt über die Ereignisse und Diskussionen. Aber auch viele der Einheimischen fühlen sich mehr und mehr "in der Fremde", denn ein Deutschland, das gegenüber Menschen in Not verschlossen ist, aber auch gegenüber Menschen aus aller Welt, die mit und und für uns leben und arbeiten wollen – ein solches Deutschland ist uns fremd.

Seit Jahrhunderten wirken in Dresden Künstler aus vielen Ländern, während Dresdner Künstler um die Welt fuhren. Die Ideen von Emile Jaques-Dalcroze, Gret Palucca, Mary Wigman prägen den internationalen Tanz bis heute. Das gesamte Ballett der Semperoper und die Palucca Hochschule für Tanz sind ein einzigartiger Kosmos weltweiter Verständigung. Die Sprache des Tanzes ist in diesen Tagen nicht Deutsch, sondern vor allem Englisch oder Russisch!
Die Geschichte der bildenden Künste und Architektur lebt seit Jahrhunderten von den wechselseitigen Einflüssen: Canaletto malte das barocke Dresden, der italienische Baumeister Chiaveri errichtete die Hofkirche. Der erste Leiter der Kunstakademie war der Franzose Charles Hutin, einer seiner Nachfolger der Italiener Giovanni Battista Casanova. Jahrhunderte später inspirierten die Künstler der Brücke um Ernst Ludwig Kirchner, Erich Heckel, Karl Schmidt Rottluff, Max Pechstein und Emil Nolde die internationale Kunst des 20. Jahrhunderts und legten den Grundstein für die Entstehung des Expressionismus.

Mit Heinrich Schütz verfügt die Musik über einen der ersten großen Europäer in der Kunstgeschichte überhaupt. Die Hofkapelle lebte von den Ideen des italienisch geprägten Geigers Pisendel, des böhmischen Bassisten und Komponisten Zelenka und des französischen Flötisten Buffardin. Bis zum heutigen Tag ist die Geschichte der Dresdner Orchester eine Geschichte internationaler Zusammenarbeit und Einflüsse. Carl Maria von Weber, Robert Schumann und Richard Wagner weilten in Dresden und verbanden den Ort durch ihr Wirken mit Prag, Wien, Breslau, Riga, Paris, Zürich und London – Flugreisen gab es damals noch nicht und per Schiff war es beschwerlich und lang. Dies änderte sich im 20. Jahrhundert, als Fritz Busch, Rudolf Kempe, Franz Konwitschny, Otmar Suitner, später Giuseppe Sinopoli und Fabio Luisi, Marek Janowski oder Raffael Frübeck de Burgos hier dirigierten und von Dresden aus mit ihren Musikerinnen und Musikern die Welt bereisten.

Internationalität, Austausch und Offenheit sind für uns selbstverständlich und sie sind unser Lebenselixier. Auch in unseren drei Kunsthochschulen leben, arbeiten und studieren Menschen aus aller Welt und vieler Religionen. Wir wollen, dass dies so bleibt, dass unsere Kollegen und Freunde sich hier wohl fühlen, dass wir von und mit ihnen lernen! Die Professoren und Dozenten haben sich deshalb heute selbst auf den Weg gemacht und Asylsuchende in ihren Unterkünften abgeholt. Sie werden sie am Ende auch wieder 'nach Hause' bringen und wir hoffen und wünschen, dass dieses 'zu Hause' dann etwas weniger 'in der Fremde' ist.

Viele haben beigetragen, dass diese Veranstaltung gelingen möge! Wir wollen an dieser Stelle keine einzelnen Namen hervorheben, denn es ist vor allem eine gemeinsame Initiative! Danke allen Künstlerinnen und Künstlern, Danke allen, die für Speis und Trank gesorgt haben, Danke an alle Organisatoren, alle Übersetzer, alle Chauffeure, Danke an die Technik!
Danke vor allem aber Ihnen, die Sie gekommen sind! Lassen Sie uns die Möglichkeit nutzen, einander zuzuhören, uns anregen zu lassen, Geschichten zu erzählen und vielleicht auch ins Gespräch zu kommen. Über uns, über unser Leben zu Hause und in der Fremde. Wir wünschen Ihnen ein herzliches Willkommen in einem weltoffenen Dresden, einem Dresden für alle!

14
Dez
2014

VDKC war mit dem Antrag zur Aufnahme der "Chormusik in deutschen Amateurchören" in die deutsche Liste des immateriellen Kulturerbes erfolgreich.

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Mitteilung auf der Website der Deutschen UNESCO Kommission e.V.:

27 Kulturformen ins deutsche Verzeichnis des immateriellen Kulturerbes aufgenommen
Genossenschaftsidee wird der UNESCO als erste internationale Nominierung vorgeschlagen

Deutschland nimmt 27 Traditionen und Wissensformen in sein neues bundesweites Verzeichnis des immateriellen Kulturerbes auf und setzt damit das entsprechende UNESCO-Übereinkommen um. Zu den lebendigen Traditionen, die die Kriterien erfüllen, zählen zum Beispiel das Chorsingen, die Morsetelegrafie, die Flößerei und die Orgelbautradition. Außerdem nominierten die Experten aus den 27 Kulturformen die Genossenschaftsidee für die internationale "Repräsentative Liste des immateriellen Kulturerbes der Menschheit".
Die Chormusik hat in Deutschland eine lange TraditionChormusik

Die Kultusministerkonferenz (KMK) unter Leitung der Präsidentin, Nordrhein-Westfalens Schulministerin Sylvia Löhrmann, und die Staatsministerin für Kultur und Medien, Monika Grütters, haben am 11. Dezember 2014 die Empfehlungen eines unabhängigen Expertenkomitees bestätigt.

"Das bundesweite Verzeichnis ist ein Spiegelbild der kulturellen Vielfalt in Deutschland. Und es macht gleichzeitig deutlich, mit welchem großartigen Engagement die Zivilgesellschaft traditionelle kulturelle Bräuche und Techniken bis heute pflegt, modern interpretiert und an nachfolgende Generationen weitergibt", sagte KMK-Präsidentin Sylvia Löhrmann.

Kulturstaatsministerin Monika Grütters betonte: "Das immaterielle kulturelle Erbe steht für unsere lebendige Alltagskultur. Sie ist Ausdruck der kulturellen Vielfalt in Deutschland und soll dazu beitragen, dass gelebte Traditionen, die das Selbstverständnis der Kulturnation Deutschland prägen, erhalten, fortgeführt und weiterentwickelt werden. Auch für zukünftige Generationen wird durch eine Aufnahme in das bundesweite Verzeichnis das öffentliche Bewusstsein für diese Traditionen gestärkt."
Vogtländischer Musikinstrumentenbau in Markneukirchen und Umgebung, SachsenVogtländischer Musikinstrumentenbau

Deutschland wird seine erste Nominierung bei der UNESCO im März 2015 einreichen. Die Aufnahme der Genossenschaftsidee würde der internationalen Vielfalt des immateriellen Kulturerbes eine neue Facette hinzufügen. Bislang ist eine solche Form der gesellschaftlichen Selbstorganisation auf den UNESCO-Listen nicht vertreten. Die Genossenschaftsidee wurde gemeinsam von Gruppen aus Rheinland-Pfalz und Sachsen vorgeschlagen und mit Empfehlungen beider Länder weitergeleitet. Insgesamt waren 83 Traditionen und Wissensformen nach einer Auswertung durch die Bundesländer in der engeren Wahl. Zu den ersten Aufnahmen in Deutschland gehören auch regionale Bräuche wie die Lindenkirchweih in Limmersdorf (Franken), das friesische Biikebrennen und der rheinische Karneval.

Das Expertenkomitee bei der Deutschen UNESCO-Kommission (DUK) bewertete die 83 Vorschläge anhand fachlicher Kriterien. Neben den 27 aufgenommenen Kulturformen befinden sich 22 weitere Vorschläge noch im Verfahren. Davon sind 13 wegen fehlender Informationen zurückgestellt worden, 9 Anträge liegen für ein Register "Guter Praxisbeispiele" vor, mit denen sich das Expertenkomitee 2015 befassen wird. 34 Vorschläge wurden nicht zur Aufnahme ins bundesweite Verzeichnis empfohlen.

Alle 27 Gruppen, die ab sofort mit ihrer Tradition oder Wissensform im bundesweiten Verzeichnis vertreten sind, können fortan für ihre nicht-kommerzielle Arbeit ein Logo nutzen. Es steht für das Motto der Konvention in Deutschland: "Wissen. Können. Weitergeben." Die nächste Bewerbungsrunde für das bundesweite Verzeichnis startet im Frühjahr 2015.
27 Aufnahmen in das bundesweite Verzeichnis:

Chormusik in deutschen Amateurchören
Sächsische Knabenchöre
Singen der Lieder der deutschen Arbeiterbewegung
Moderner Tanz – Stilformen und Vermittlungsformen der Rhythmus- und Ausdruckstanzbewegung
Deutsche Theater- und Orchesterlandschaft
Niederdeutsches Theater
Passionsspiele Oberammergau
Peter-und-Paul-Fest Bretten
Malchower Volksfest
Schwäbisch-Alemannische Fastnacht
Rheinischer Karneval mit all seinen lokalen Varianten
Falknerei
Gesellschaftliche Bräuche und Feste der Lausitzer Sorben im Jahreslauf
Biikebrennen
Lindenkirchweih Limmersdorf
Auseinandersetzung mit dem Rattenfänger von Hameln
Salzwirker-Brüderschaft im Thale zu Halle
Genossenschaftsidee
Deutsche Brotkultur
Finkenmanöver im Harz
Flößerei
Morsetelegrafie
Orgelbau und Orgelmusik
Köhlerhandwerk und Teerschwelerei
Vogtländischer Musikinstrumentenbau in Markneukirchen und Umgebung
Reetdachdecker-Handwerk
Handwerksgesellenwanderschaft Walz

Theatersituation Plauen/Zwickau

Theater-Zwickau

Nun kann gleich einmal bewiesen werden, wie ernst es Politik und Kommunalpolitik mit dem Schutz der deutschen Theater- und Orchesterlandschaft meinen: Sie stehen auf der deutschen Liste des schützenswerten immateriellen Kulturerbes (nicht identisch mit der UNESCO-Liste).

Hier mein Offener Brief an die beiden Oberhäupter der Städte Plauen und Zwickau:




Sehr geehrte Frau Oberbürgermeisterin Dr. Findeiß,
sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Oberdorfer,

mit Erschrecken, Unverständnis und großer Besorgnis nehmen die Kunst- und Kulturschaffenden sowie ein großes Publikum in ganz Sachsen und Deutschland wahr, was noch im Dezember den Stadtrat von Zwickau beschäftigen wird: Die Abschaffung des kompletten Musiktheaters in zwei Städten, die wohl zum musikalischsten und kulturvollsten Teil des Landes zählen können: Nicht nur der nahe Instrumentenbau im gesamten Vogtland sollte dafür Zeugnis ablegen, sondern auch die vielseitige Geschichte beider Häuser. Mit der "Jubel-Ouvertüre" von Carl Maria von Weber wurde das Plauener Haus einstmals eröffnet, ein Jahr später erklang "Der Freischütz". In der Geburtsstadt Robert Schumanns, in Zwickau, Orchester, Chor und Musiktheater mit einem Federstreich zu entlassen, ist eine Entscheidung, die deshalb gerade einem Musikhochschulrektor aus Dresden, wo sowohl Weber als auch Schumann prägend gewirkt haben, einen lauten Zwischenruf gestattet. Die vielfältigen Beziehungen von Musikerinnen und Musikern des Vogtlands, des Erzgebirges und der sächsischen Landeshauptstadt sowie die Bedeutung der Musik dieser Region für Sachsen und Dresden sind Beweis genug, dass dieses Reservoir größte Bedeutung hat.

Das Ensemble des Theaters gehört zu den unverzichtbaren Säulen einer lebendigen Musikszene. Chöre, Kantoreien, Musikschulen, auch allgemeinbildende Schulen und Gymnasien, Fach- und Hochschulen sowie eine weitverzweigte freie Szene leben von der inspirierenden Kraft des Philharmonischen Orchesters, eines leistungsfähigen Chores, der beliebten Solistinnen und Solisten sowie der Tänzerinnen und Tänzer. Großveranstaltungen wie die Tage der Chor- und Orchestermusik 2014, das 18. Deutsche Chorfestival des VDKC 2013 und der regelmäßig stattfindende Robert-Schumann-Wettbewerb haben eindrucksvoll erwiesen, welch große Chancen damit einhergehen. Bei unseren Begegnungen habe ich Sie, sehr geehrte Frau Oberbürgermeisterin, als Streiterin für die Kultur kennengelernt, ich kann mir kaum vorstellen, dass sich an dieser Haltung etwas geändert hat.

Als Rektor der Hochschule für Musik Carl Maria von Weber Dresden darf ich auf wundervolle Kooperationen verweisen, die wir mit dem Theater eingegangen sind, vor allem aber auch auf die vielen Alumni, die von Plauen und Zwickau aus ihre Karrieren angetreten haben oder bei Ihnen engagiert sind. Als Präsident des Verbandes Deutscher KonzertChöre VDKC erinnere ich insbesondere an die fulminanten Aufführungen des War-Requiems von Benjamin Britten 2013 im Dom, an Konzerte mit Werken von Schubert, Mendelssohn und Schumann in München und Dresden – stets war das Philharmonische Orchester ein Partner auf höchstem Niveau, agierte mit Leidenschaft und Hingabe und bewies gerade dadurch seine Unverzichtbarkeit für das Musikleben einer ganzen Region. Sie kulturell attraktiv zu halten, sollte das Interesse beider Städte sein, einerseits, um kreative Potenziale, poetische Konzepte und elementare gesellschaftliche Auseinandersetzungen durch Kunst und Musik weiter zu befördern. Andererseits kann dadurch auch die wirtschaftliche Basis Westsachsens dauerhaft erhalten und verbessert werden, denn mehr und mehr erweist sich, dass jeder in Kultur investierte Euro verdoppelt oder sogar verdreifacht wieder zurückkommt, wie das verschiedene Studien längst erwiesen haben. Ein Verzicht auf die Kraftquelle eines kompletten Musiktheaterensembles hätte die großflächige Verarmung einer ganzen Region zur Folge: Zunächst eine des Geistes und der Kunst, anschließend aber auch eine ganz reale: Denn wer sieht und plant seine Zukunft gern in einer Stadt ohne attraktive Kulturangebote? Der Ruf nach mehr Musiklehrerinnen und –lehrern ist allgemein – wo jedoch sollen diese herkommen, wenn wir die Wurzeln ihres Wirkens abschlagen?

Bitte erlauben Sie noch einen letzten Gedanken: Unter großen persönlichen und finanziellen Opfern haben die Ensembles aus Plauen und Zwickau die Theaterfusion vollzogen und umgesetzt. Bis heute sind die Nachwirkungen von Überhängen und nicht möglichen Neubesetzungen von Stellen zu spüren. Nun, da die Konsolidierung möglich wäre und zum ersten Mal die Chance einer Profilierung mit neu hinzukommenden jungen Musikerinnen und Musikern besteht, erhält das Ensemble die Komplettabsage. Dass zum Zweck der Durchsetzung der Strukturveränderungen zunächst die Haustarifverträge beendet und die Künstler auf 100% Lohn gesetzt werden, um sie danach ganz zu entlassen und dafür 25 Mill. € Abfindungen einzuplanen ist ein Konzept, das allem Verzicht der Künstler bis heute, das allen großartigen künstlerischen Leistungen Hohn spricht und nur als bizarr bezeichnet werden kann.

Sehr geehrte Frau Oberbürgermeisterin, sehr geehrter Herr Oberbürgermeister – ich vertraue auf Ihren integrierenden und vermittelnden Einfluss, eine Entscheidung dieser Tragweite, die für ganz Sachsen das Signal einer kulturellen Bankrotterklärung wäre, zu verhindern. Ich bin sicher, dass es den politischen Willen der Bevölkerung gibt, einen solchen Beschluss der künstlerischen und musikalischen Verarmung zu verhindern. Bitte erlauben Sie, wenn ich Ihnen auf diesem Weg den Protest des Rektorats, der Professorinnen und Professoren der HfM Dresden sowie des Geschäftsführenden Vorstandes und des Künstlerischen Beirats des VDKC übermittle. Auch als Mitglied des Sächsischen Kultursenats und der Sächsischen Akademie der Künste bitte ich Sie inständig und dringend, Musik und Kunst als Chance und Bereicherung der gesamten Gesellschaft und nicht unter dem Aspekt finanzieller Herausforderungen als Belastung zu begreifen. Wir wissen darum, dass dieser Weg nicht einfach ist. Das sollte aber nicht zu Kurzschlussreaktionen wie den angedachten Stadtratsbeschlüssen führen. Die große kulturelle Tradition beider Städte, die Musikgeschichte des gesamten Vogtlandes und seines Instrumentenbaus, die Geburtsstadt Robert Schumanns haben eine solche Entscheidung nicht verdient.

Ich danke Ihnen für Ihre Bemühungen und bin mit hoffnungsvollen Grüßen

Ihr


Prof.
Ekkehard Klemm
Rektor HfM Dresden
Präsident des VDKC

28
Nov
2014

Adventsstern 2014 der Singakademie Dresden

Aachen-2-2011

Der erste ADVENTSSTERN erklang 2004 mit der Singakademie unter meiner Leitung: Das Konzept des Kontrasts zwischen Alt und Neu ist seither geblieben und ständig abgewandelt worden.

Bisher erklangen:

2004 Pärt (Arbos) – Franck (Motetten) – Bach WO 2 – Britten (Kantate St. Niclas) – Bach (WO 5) – Eccard (Motetten) – Pärt (Arbos)

2005 Sharakans aus Armenien – Bach WO 1 – Terterian (6. Sinfonie) – Bach WO 3 (die Sharakans erklangen jeweils vor/nach den Chorälen)

2006 Bach (Magnificat Es-Dur) – Weiss (Confessio Saxonica, UA)

2007 Charpentier (Messe di minuit)– Voigtländer (MenschenZeit, UA) – Lully (Te deum)

2008 Bach (Messe A-Dur) - Herchet (Kantate zum Sonntag nach Weihnachten) - Stravinski (Psalmensinfonie)


2009 Mendelssohn (Fragmente aus Christus) - Martinů (Die Geburt des Herrn) - Haydn (Harmoniemesse)

2010 Bach WO 4 - Raphael (Im Anfang war das Wort) - Tal (Shape) - Raphael (Glaubensbekenntnis) - Bach WO 6

2011 Eccard/Hammerschmidt (Motetten) – Füting (höhen-stufen, Uraufführung) – Bach h-Moll-Messe (Kyrie und Gloria)

2012 Britten (A chtistmas carol) – Krätzschmar (fragmentum, Uraufführung) - Bach h-Moll-Messe (Credo)

2013 Britten (Kantae St. Niclas) – Keuk (Ein Tropfen, ein Schluck in der Höhe, Uraufführung) - Bach h-Moll-Messe (Sanctus – Agnus Dei)


Nun folgt eine Art 'Conclusio' der letzten drei Jahre - eine Rückschau und Vorschau:

Es war vor etwa fünf Jahren, dass mehrere Chormitglieder den Wunsch äußerten, die Singakademie solle sich – nach der Johannes-Passion (2005), dem Weihnachtsoratorium (die einzelnen Kantaten erklangen in mehreren Adventssternen), dem Magnificat (2006), der Messe A-Dur (2008) und der Matthäus-Passion (2008) – nunmehr dem 'opus summum', der Messe in h-Moll widmen. Nun ist gerade in Dresden die Konkurrenz überwältigend: Mit dem Dresdener Kammerchor, dem Dresdner Motettenchor, dem Collegium 1704, dem Kreuzchor, in der Frauenkirche und mit etlichen anderen Ensembles gibt es beständig Interpretationen dieses Werkes auf hohem Niveau. Der Balanceakt ist für einen Amateurchor besonders schwierig: Die extremen Anforderungen des Werkes verlangen quasi professionelle Schulung, die kleine – möglicherweise zu Bachs Zeiten sogar solistische – Besetzung ist mit Laien nicht zu bewältigen.
Meine erste Reaktion war deshalb: "Wisst Ihr, wie schwer dieses Stück ist?" Und die zweite: "Wenn wir das machen, machen wir etwas ganz Besonderes, etwas, das niemand anderes wagt. Bach braucht den modernen Kontrast. Lasst uns moderne Komponisten Werke zur Messe komponieren!"

So wurde das Konzept geboren, über vier Jahre jeweils einen Teil der Messe zu erarbeiten und eine Uraufführung dazu ins Programm zu nehmen. Auftragswerke, die auf Bach und seine Messe reagieren und dennoch ganz andere, eigene Wege von heute beschreiten. Nun geht das Projekt in seine letzte und entscheidende 'Kurve': In einem Doppelkonzert erklingen die Uraufführungen der Jahre 2011, 2012 und 2013 zum zweiten Mal (im Falle von höhen- stufen von Reiko Füting die UA der Neufassung), und zwar direkt hintereinander, während nach einer angemessenen Pause dann die komplette Messe in h-Moll folgt.
Ein solches Projekt ist mehreres zugleich: Waghalsig, verrückt, einige mögen sagen, Harakiri. Es ist auch ein Projekt, das bewusst die Frage der Aufführungspraxis mit alten Besetzungen und Instrumenten außen vor lässt. Natürlich wissen wir um diese Dinge und haben uns intensiv damit auseinandergesetzt – aber im Mittelpunkt steht beim Doppelkonzert der Kontrast zwischen Bach und Füting, Krätzschmar, Keuk als Vertreter des 21. Jahrhunderts. Wie reagieren sie auf die Vorlage aus der Zeit des Barock? Welche Impulse nehmen sie auf? Welche wurden ignoriert? Was sind die Themen und inhaltlichen Schwerpunkte heute im Gegensatz zum liturgischen Text?

Es wird sich gerade an diesem Kontrast die Modernität der Musik Bachs erweisen, dessen strukturelle Herangehensweise an das Komponieren Spuren bis heute hinterlassen hat. Es wird sich vielleicht zeigen, dass solche Projekte dringend nötig sind, wenn wir unseren Konzertbetrieb lebendig erhalten wollen. Und langfristig wird es – trotz aller aufführungspraktischer Aufarbeitung, die ebenso wichtig wie notwendig ist – unabdingbar sein, dass Chöre wie die Singakademie diese Grenzbereiche des Machbaren ausreizen und begehen, wenn wir alle wollen, dass sowohl die Musik Bachs als auch die der Moderne in der 'Matrix' unseres Musikverständnisses erhalten bleiben. Allein durch professionelle Aufführungen wird das Gedächtnis der Musikwelt nicht zu erhalten sein – es braucht die lebendige Auseinandersetzung großer gesellschaftlicher Schichten. Die Amateurchöre sind hier ein unerlässlicher Multiplikator.

Hierzu will die Singakademie Dresden einen Beitrag leisten und dabei gleichzeitig die Tür zu neuem Repertoire aufstoßen. Sie hat deshalb ihre finanziellen Ressourcen auf die neuen Stücke konzentriert. Die Aufführung der Messe in h-Moll hingegen ist ein Geschenk: Alle Ausführenden, Soli wie Instrumentalisten, haben sich bereiterklärt, dieses Konzert den Jubiläen von Sinfonietta Dresden (20 Jahre) und Singakademie Dresden (130 Jahre) zu widmen und auf Honorare zu verzichten. Dem kann nur von Herzen gedankt werden.

Ich bin dem Chor und seinem treuen Publikum unendlich dankbar für die Erfahrung dieser 11 Jahre und der 'Experimente', die mit den Adventssternen verbunden waren. Ich denke, dass jedes der Konzerte seine Besonderheit und Einzigartigkeit hatte. 2014 ist zweifellos ein ganz besonders 'schwerer Brocken'.

Herzliche Einladung!

7
Okt
2014

Konzert mit Sinfonietta Dresden

Musik in Dresden und Michael Ernst retten die Ehre der ansonsten leider abwesenden Dresdner Presse - sehr schade bei einem Orchesterkonzert mit ausschließlich zeitgenössischen Kompositionen. Es war eines jener wirklich denkwürdigen Projekte, die man nicht vergisst: Ambitioniertes, schweres Programm, schwierige und sehr enge Probenverhältnisse, große Motivation, dann 200 Schüler/innen im Saal (am Morgen), am Abend ein handverlesenes Publikum von vorwiegend Kennern, gestern in Görlitz schließlich eine Mischung aus Fans der Bachtage, des Meetingpoint Messiaen und polnischen Jugendlichen. Schön, dass von SOLCHEN Initiativen wenigsten ein Medium Notiz nimmt.

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