28
Nov
2014

Adventsstern 2014 der Singakademie Dresden

Aachen-2-2011

Der erste ADVENTSSTERN erklang 2004 mit der Singakademie unter meiner Leitung: Das Konzept des Kontrasts zwischen Alt und Neu ist seither geblieben und ständig abgewandelt worden.

Bisher erklangen:

2004 Pärt (Arbos) – Franck (Motetten) – Bach WO 2 – Britten (Kantate St. Niclas) – Bach (WO 5) – Eccard (Motetten) – Pärt (Arbos)

2005 Sharakans aus Armenien – Bach WO 1 – Terterian (6. Sinfonie) – Bach WO 3 (die Sharakans erklangen jeweils vor/nach den Chorälen)

2006 Bach (Magnificat Es-Dur) – Weiss (Confessio Saxonica, UA)

2007 Charpentier (Messe di minuit)– Voigtländer (MenschenZeit, UA) – Lully (Te deum)

2008 Bach (Messe A-Dur) - Herchet (Kantate zum Sonntag nach Weihnachten) - Stravinski (Psalmensinfonie)


2009 Mendelssohn (Fragmente aus Christus) - Martinů (Die Geburt des Herrn) - Haydn (Harmoniemesse)

2010 Bach WO 4 - Raphael (Im Anfang war das Wort) - Tal (Shape) - Raphael (Glaubensbekenntnis) - Bach WO 6

2011 Eccard/Hammerschmidt (Motetten) – Füting (höhen-stufen, Uraufführung) – Bach h-Moll-Messe (Kyrie und Gloria)

2012 Britten (A chtistmas carol) – Krätzschmar (fragmentum, Uraufführung) - Bach h-Moll-Messe (Credo)

2013 Britten (Kantae St. Niclas) – Keuk (Ein Tropfen, ein Schluck in der Höhe, Uraufführung) - Bach h-Moll-Messe (Sanctus – Agnus Dei)


Nun folgt eine Art 'Conclusio' der letzten drei Jahre - eine Rückschau und Vorschau:

Es war vor etwa fünf Jahren, dass mehrere Chormitglieder den Wunsch äußerten, die Singakademie solle sich – nach der Johannes-Passion (2005), dem Weihnachtsoratorium (die einzelnen Kantaten erklangen in mehreren Adventssternen), dem Magnificat (2006), der Messe A-Dur (2008) und der Matthäus-Passion (2008) – nunmehr dem 'opus summum', der Messe in h-Moll widmen. Nun ist gerade in Dresden die Konkurrenz überwältigend: Mit dem Dresdener Kammerchor, dem Dresdner Motettenchor, dem Collegium 1704, dem Kreuzchor, in der Frauenkirche und mit etlichen anderen Ensembles gibt es beständig Interpretationen dieses Werkes auf hohem Niveau. Der Balanceakt ist für einen Amateurchor besonders schwierig: Die extremen Anforderungen des Werkes verlangen quasi professionelle Schulung, die kleine – möglicherweise zu Bachs Zeiten sogar solistische – Besetzung ist mit Laien nicht zu bewältigen.
Meine erste Reaktion war deshalb: "Wisst Ihr, wie schwer dieses Stück ist?" Und die zweite: "Wenn wir das machen, machen wir etwas ganz Besonderes, etwas, das niemand anderes wagt. Bach braucht den modernen Kontrast. Lasst uns moderne Komponisten Werke zur Messe komponieren!"

So wurde das Konzept geboren, über vier Jahre jeweils einen Teil der Messe zu erarbeiten und eine Uraufführung dazu ins Programm zu nehmen. Auftragswerke, die auf Bach und seine Messe reagieren und dennoch ganz andere, eigene Wege von heute beschreiten. Nun geht das Projekt in seine letzte und entscheidende 'Kurve': In einem Doppelkonzert erklingen die Uraufführungen der Jahre 2011, 2012 und 2013 zum zweiten Mal (im Falle von höhen- stufen von Reiko Füting die UA der Neufassung), und zwar direkt hintereinander, während nach einer angemessenen Pause dann die komplette Messe in h-Moll folgt.
Ein solches Projekt ist mehreres zugleich: Waghalsig, verrückt, einige mögen sagen, Harakiri. Es ist auch ein Projekt, das bewusst die Frage der Aufführungspraxis mit alten Besetzungen und Instrumenten außen vor lässt. Natürlich wissen wir um diese Dinge und haben uns intensiv damit auseinandergesetzt – aber im Mittelpunkt steht beim Doppelkonzert der Kontrast zwischen Bach und Füting, Krätzschmar, Keuk als Vertreter des 21. Jahrhunderts. Wie reagieren sie auf die Vorlage aus der Zeit des Barock? Welche Impulse nehmen sie auf? Welche wurden ignoriert? Was sind die Themen und inhaltlichen Schwerpunkte heute im Gegensatz zum liturgischen Text?

Es wird sich gerade an diesem Kontrast die Modernität der Musik Bachs erweisen, dessen strukturelle Herangehensweise an das Komponieren Spuren bis heute hinterlassen hat. Es wird sich vielleicht zeigen, dass solche Projekte dringend nötig sind, wenn wir unseren Konzertbetrieb lebendig erhalten wollen. Und langfristig wird es – trotz aller aufführungspraktischer Aufarbeitung, die ebenso wichtig wie notwendig ist – unabdingbar sein, dass Chöre wie die Singakademie diese Grenzbereiche des Machbaren ausreizen und begehen, wenn wir alle wollen, dass sowohl die Musik Bachs als auch die der Moderne in der 'Matrix' unseres Musikverständnisses erhalten bleiben. Allein durch professionelle Aufführungen wird das Gedächtnis der Musikwelt nicht zu erhalten sein – es braucht die lebendige Auseinandersetzung großer gesellschaftlicher Schichten. Die Amateurchöre sind hier ein unerlässlicher Multiplikator.

Hierzu will die Singakademie Dresden einen Beitrag leisten und dabei gleichzeitig die Tür zu neuem Repertoire aufstoßen. Sie hat deshalb ihre finanziellen Ressourcen auf die neuen Stücke konzentriert. Die Aufführung der Messe in h-Moll hingegen ist ein Geschenk: Alle Ausführenden, Soli wie Instrumentalisten, haben sich bereiterklärt, dieses Konzert den Jubiläen von Sinfonietta Dresden (20 Jahre) und Singakademie Dresden (130 Jahre) zu widmen und auf Honorare zu verzichten. Dem kann nur von Herzen gedankt werden.

Ich bin dem Chor und seinem treuen Publikum unendlich dankbar für die Erfahrung dieser 11 Jahre und der 'Experimente', die mit den Adventssternen verbunden waren. Ich denke, dass jedes der Konzerte seine Besonderheit und Einzigartigkeit hatte. 2014 ist zweifellos ein ganz besonders 'schwerer Brocken'.

Herzliche Einladung!

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