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F. Schirrmacher in der FAZ:
Und nun ist unser voreilig abgerüstetes Herz doch gebrochen. Brach es wegen Grosso? Nein. Brach es angesichts der Verzweiflung des wahrhaft großen Klinsmann? Nein. Es brach, um genau sein, in der 131. Minute. Was Ballacks Tränen nicht vermocht hatten, geschah nun binnen Sekunden, es stieg aus dem Brunnen und kam auf uns zu, wie das unheimliche Mädchen in „The Ring“ auf den Fernsehzuschauer zukommt.
Über das Spielfeld, quer über den grünen Rasen, schritt im grünen Jackett Angela Merkel. Es war kein Weg, es war eine Annektion, die Rückeroberung des Spielfeldes, das die Politik allzu lange den anderen überlassen hatte. Sicherheitsbeamte hinter ihr. Wir hatten schon ganz vergessen, wie das ist, wenn man im Fernsehen immer nur Menschen sieht, hinter denen sich sonnenbebrillte Waffenträger versammeln. Und eingerahmt war sie von Horst Köhler einerseits und dem Regierungssprecher Wilhelm andererseits. Es war furchtbar, es war die wirkliche Niederlage.
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Dieser Anmarsch des hohen Paars auf dem Spielfeld - das wirkte wie eine Drohung. Die beiden Repräsentanten des Staates, die wie wenig andere, wie wir jetzt alle sehen, für einen folgenlosen, rein verbalen Reformprotestantismus stehen, verkünden als diejenigen, die als erste Politiker ihren Fuß auf das Fußballfeld setzen, eine ganz andere Botschaft: Schluß mit dem Prinzen und Prinzessinnenspiel. Wir sind wieder Frosch.
Da hat er mal recht, der Schirrmacher.
klemmdirigiert - 2006-07-06 11:35
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