13
Jan
2007

Leipzig-Almanach

Die Stadt Leipzig - kulturell schon immer etwas mehr nach vorne orientiert als andere Kunst- und Musikstädte - hat eine lange Tradition auch im Bereich der Reflexion über Kunst und Musik. Man denke nur an die ehemals von Schumann gegründete Neue Zeitschrift für Musik.

Tradition war auch, daß Musiker wie Musikliebhaber (die Damen natürlich eingeschlossen) sich austauschten, lebhaften Briefwechsel führten und das neu Komponierte, Gemalte, Geschriebene somit ständig im Zentrum des gesellschaftlichen Interesses und Disputs stand. Das moderne Feuilleton scheint mir bisweilen nur ein fader Abglanz dessen zu sein, was einstens wirkliche kulturelle Lebendigkeit war.

In Leipzig haben sich nun seit längerer Zeit Leute zusammengetan und reflektieren im Net über Erlebtes in Kunst- und Musikszene. Eine lebendige, interessante uns sympathische Seite mit einer auffallenden Präsenz neuer Kunst.

Empfehlung

Bei der Vorbereitung mehrerer Beethoven-Abende des kommenden Jahres (die "Große Fuge" in der Fassung M. Gielens in Dresden, LEONORE in München
und Missa solemnis in Thalbürgel
bzw. in Dresden)
stieß ich auf ein sehr gutes, wissenschaftlich bestes Niveau und eine phantastische Übersicht und Gesamtschau bietendes Buch über Beethoven: BEETHOVEN von Klaus Kropfinger (sh. Lesestoff).

...

Interessantes Interview in der WELT
von heute. Beim Befragten handelt es sich just um den Ägyptologen, der zum Mozart-Jahr auch eine interessante Studie über Mozarts ZAUBERFLÖTE vorgelegt hatte.

Assmann: In der jüdischen Tradition sind die Passagen der Bibel, die von Gewalt handeln, mit großer Vorsicht behandelt worden. Die frühen Rabbinen haben zum Beispiel alles darangesetzt, die Martyriumsbereitschaft – also das Interesse, für die Sache Gottes zu sterben, eine Art von passiver Gewalt – in den Griff zu bekommen, den Radikalismus abzukühlen. Im Christentum dagegen haben die in den Texten steckenden Gewaltpotenziale sich aufs unheilvollste ausgewirkt. Ich sehe die Aufgabe unserer philologischen Beschäftigung mit den biblischen Texten darin, sie zu historisieren, also zu sagen: Das hatte seinen Ort in einer bestimmten Zeit. Aus dieser Zeit heraus versteht man die Sprache.

WELT.de: Wie meinen Sie das?

Assmann: Ich lese etwa das fünfte Buch Moses so, dass mit „Kanaan“ eigentlich die eigene heidnische Vergangenheit gemeint ist. Und der glühende Hass auf die Kanaanäer, der sich in diesen Texten ausdrückt, ist in Wahrheit ein retrospektiver Selbsthass, ein Hass auf die Vergangenheit, von der man sich befreien möchte. Dahinter steckt in meinen Augen die Erfahrung einer Art von Konversion.
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