Haydns SCHÖPFUNG
Es ist eine Auszeichnung, innerhalb von nur einer Woche zwei der bedeutendsten klassischen Werke, Mozarts ZAUBERFLÖTE und Haydns SCHÖPFUNG dirigieren zu dürfen - letztere kommenden Sonntag, 07.06.09 um 19.30 Uhr in der Himmelfahrtskirche Dresden Leuben in einer Aufführung mit der Singakademie und dem collegium 1704 aus Prag. (Und dazwischen übrigens vorgestern Abend ein Konzert mit moderner Musik aus Amerika innerhalb der Musikfestspiele - Varèse, Carter, Foss und Füting.) Die Soli werden Ute Selbig, Eric Stocklossa und Johannes Wollrab, sowie Inga Philipp sein.
Eine kleine und kurze Vorschau:
Haydns berühmtes Oratorium scheint uns allen wohlbekannt. In Dresden zumal mit seiner großen Chortradition erklingt es regelmäßig und oft. Erst letzte Woche war das Werk in der Semperoper und in der Frauenkirche in hochkarätigen Aufführungen zu erleben.
Dennoch dürfen wir uns über etwas Exklusivität freuen: Erstmals erklingt "Die Schöpfung" in Dresden im Gewand historischer Instrumente der Entstehungszeit. Das phantastische collegium 1704 aus Prag mit seinem Leiter Vaclav Luks hat bereits 2006 Webers Messen und eine Uraufführung mit uns musiziert – eine Fortsetzung dieser schönen Zusammenarbeit war ausgemacht und wir sind froh, dieses Vorhaben nun einlösen zu können.
Dabei müssen wir ehrlich sein – mit den ca. 180 Mitwirkenden der ersten Aufführungen von 1798 und 1799 können wir nicht mithalten. Jeweils 18 erste und zweite Geigen, je 12 Bratschen, Celli, Kontrabässe und alle Bläser außer den Posaunen dreifach besetzt… - das sind schwer vorstellbare Dimensionen. Die heutige Besetzung gleicht eher einer der damaligen "Privataufführungen". Es fehlt ein Fürst, der als Sponsor größerer Besetzungen eingesprungen wäre: "Der Adel bezahlt alle Kosten der Aufführung…" meldet die Allgemeine Musikalische Zeitung 1799 – die Einnahme blieb dem Komponisten. Paradiesische Verhältnisse!
Das Studium der Dokumente der Entstehungszeit ist durch die vorzügliche Aufarbeitung durch Georg Feder ("Joseph Haydn, Die Schöpfung", Kassel 1999) recht einfach möglich und hochinteressant. Haydn ließ den Chor VOR dem Orchester agieren, es gab zwei Dirigenten (einen Chormeister und Haydn für das Orchester, der nach zeitgenössischem Bericht den Takt "mit zwei Händen gab" und seine Empfindungen mit "nichts weniger als übertriebenen Bewegungen" kundzutun trachtete.) Haydns Schüler Sigismund Neukomm hat zudem Metronomzahlen überliefert, die von neueren Aufnahmen und Aufführungen nach wie vor sträflich missachtet werden: Sie bilden einen sehr logischen Mikrokosmos der Tempostruktur des Werkes, bei dem Vivace eben nicht sehr schnell heißt, sondern im Sinne Leopold Mozarts zwar "lebhaft", aber eingeordnet zwischen Allegretto und Moderato; bei dem Largo (Achtel = 80) langsamer ist als Adagio (Achtel = 112) und Regen und Schnee nicht plötzlich halb so langsam vom Himmel fallen (Neukomm notiert ausdrücklich "not slower" bei dieser und verschiedenen anderen Passagen).
So hoffen wir, mit einer "Schöpfung" im ungewohnten Klangbild überraschen zu können und staunen mit dem Publikum der ersten Aufführungen über die Schönheiten dieser einzigartigen Partitur!
klemmdirigiert - 2009-06-04 19:24
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