14
Dez
2014

VDKC war mit dem Antrag zur Aufnahme der "Chormusik in deutschen Amateurchören" in die deutsche Liste des immateriellen Kulturerbes erfolgreich.

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Mitteilung auf der Website der Deutschen UNESCO Kommission e.V.:

27 Kulturformen ins deutsche Verzeichnis des immateriellen Kulturerbes aufgenommen
Genossenschaftsidee wird der UNESCO als erste internationale Nominierung vorgeschlagen

Deutschland nimmt 27 Traditionen und Wissensformen in sein neues bundesweites Verzeichnis des immateriellen Kulturerbes auf und setzt damit das entsprechende UNESCO-Übereinkommen um. Zu den lebendigen Traditionen, die die Kriterien erfüllen, zählen zum Beispiel das Chorsingen, die Morsetelegrafie, die Flößerei und die Orgelbautradition. Außerdem nominierten die Experten aus den 27 Kulturformen die Genossenschaftsidee für die internationale "Repräsentative Liste des immateriellen Kulturerbes der Menschheit".
Die Chormusik hat in Deutschland eine lange TraditionChormusik

Die Kultusministerkonferenz (KMK) unter Leitung der Präsidentin, Nordrhein-Westfalens Schulministerin Sylvia Löhrmann, und die Staatsministerin für Kultur und Medien, Monika Grütters, haben am 11. Dezember 2014 die Empfehlungen eines unabhängigen Expertenkomitees bestätigt.

"Das bundesweite Verzeichnis ist ein Spiegelbild der kulturellen Vielfalt in Deutschland. Und es macht gleichzeitig deutlich, mit welchem großartigen Engagement die Zivilgesellschaft traditionelle kulturelle Bräuche und Techniken bis heute pflegt, modern interpretiert und an nachfolgende Generationen weitergibt", sagte KMK-Präsidentin Sylvia Löhrmann.

Kulturstaatsministerin Monika Grütters betonte: "Das immaterielle kulturelle Erbe steht für unsere lebendige Alltagskultur. Sie ist Ausdruck der kulturellen Vielfalt in Deutschland und soll dazu beitragen, dass gelebte Traditionen, die das Selbstverständnis der Kulturnation Deutschland prägen, erhalten, fortgeführt und weiterentwickelt werden. Auch für zukünftige Generationen wird durch eine Aufnahme in das bundesweite Verzeichnis das öffentliche Bewusstsein für diese Traditionen gestärkt."
Vogtländischer Musikinstrumentenbau in Markneukirchen und Umgebung, SachsenVogtländischer Musikinstrumentenbau

Deutschland wird seine erste Nominierung bei der UNESCO im März 2015 einreichen. Die Aufnahme der Genossenschaftsidee würde der internationalen Vielfalt des immateriellen Kulturerbes eine neue Facette hinzufügen. Bislang ist eine solche Form der gesellschaftlichen Selbstorganisation auf den UNESCO-Listen nicht vertreten. Die Genossenschaftsidee wurde gemeinsam von Gruppen aus Rheinland-Pfalz und Sachsen vorgeschlagen und mit Empfehlungen beider Länder weitergeleitet. Insgesamt waren 83 Traditionen und Wissensformen nach einer Auswertung durch die Bundesländer in der engeren Wahl. Zu den ersten Aufnahmen in Deutschland gehören auch regionale Bräuche wie die Lindenkirchweih in Limmersdorf (Franken), das friesische Biikebrennen und der rheinische Karneval.

Das Expertenkomitee bei der Deutschen UNESCO-Kommission (DUK) bewertete die 83 Vorschläge anhand fachlicher Kriterien. Neben den 27 aufgenommenen Kulturformen befinden sich 22 weitere Vorschläge noch im Verfahren. Davon sind 13 wegen fehlender Informationen zurückgestellt worden, 9 Anträge liegen für ein Register "Guter Praxisbeispiele" vor, mit denen sich das Expertenkomitee 2015 befassen wird. 34 Vorschläge wurden nicht zur Aufnahme ins bundesweite Verzeichnis empfohlen.

Alle 27 Gruppen, die ab sofort mit ihrer Tradition oder Wissensform im bundesweiten Verzeichnis vertreten sind, können fortan für ihre nicht-kommerzielle Arbeit ein Logo nutzen. Es steht für das Motto der Konvention in Deutschland: "Wissen. Können. Weitergeben." Die nächste Bewerbungsrunde für das bundesweite Verzeichnis startet im Frühjahr 2015.
27 Aufnahmen in das bundesweite Verzeichnis:

Chormusik in deutschen Amateurchören
Sächsische Knabenchöre
Singen der Lieder der deutschen Arbeiterbewegung
Moderner Tanz – Stilformen und Vermittlungsformen der Rhythmus- und Ausdruckstanzbewegung
Deutsche Theater- und Orchesterlandschaft
Niederdeutsches Theater
Passionsspiele Oberammergau
Peter-und-Paul-Fest Bretten
Malchower Volksfest
Schwäbisch-Alemannische Fastnacht
Rheinischer Karneval mit all seinen lokalen Varianten
Falknerei
Gesellschaftliche Bräuche und Feste der Lausitzer Sorben im Jahreslauf
Biikebrennen
Lindenkirchweih Limmersdorf
Auseinandersetzung mit dem Rattenfänger von Hameln
Salzwirker-Brüderschaft im Thale zu Halle
Genossenschaftsidee
Deutsche Brotkultur
Finkenmanöver im Harz
Flößerei
Morsetelegrafie
Orgelbau und Orgelmusik
Köhlerhandwerk und Teerschwelerei
Vogtländischer Musikinstrumentenbau in Markneukirchen und Umgebung
Reetdachdecker-Handwerk
Handwerksgesellenwanderschaft Walz

Theatersituation Plauen/Zwickau

Theater-Zwickau

Nun kann gleich einmal bewiesen werden, wie ernst es Politik und Kommunalpolitik mit dem Schutz der deutschen Theater- und Orchesterlandschaft meinen: Sie stehen auf der deutschen Liste des schützenswerten immateriellen Kulturerbes (nicht identisch mit der UNESCO-Liste).

Hier mein Offener Brief an die beiden Oberhäupter der Städte Plauen und Zwickau:




Sehr geehrte Frau Oberbürgermeisterin Dr. Findeiß,
sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Oberdorfer,

mit Erschrecken, Unverständnis und großer Besorgnis nehmen die Kunst- und Kulturschaffenden sowie ein großes Publikum in ganz Sachsen und Deutschland wahr, was noch im Dezember den Stadtrat von Zwickau beschäftigen wird: Die Abschaffung des kompletten Musiktheaters in zwei Städten, die wohl zum musikalischsten und kulturvollsten Teil des Landes zählen können: Nicht nur der nahe Instrumentenbau im gesamten Vogtland sollte dafür Zeugnis ablegen, sondern auch die vielseitige Geschichte beider Häuser. Mit der "Jubel-Ouvertüre" von Carl Maria von Weber wurde das Plauener Haus einstmals eröffnet, ein Jahr später erklang "Der Freischütz". In der Geburtsstadt Robert Schumanns, in Zwickau, Orchester, Chor und Musiktheater mit einem Federstreich zu entlassen, ist eine Entscheidung, die deshalb gerade einem Musikhochschulrektor aus Dresden, wo sowohl Weber als auch Schumann prägend gewirkt haben, einen lauten Zwischenruf gestattet. Die vielfältigen Beziehungen von Musikerinnen und Musikern des Vogtlands, des Erzgebirges und der sächsischen Landeshauptstadt sowie die Bedeutung der Musik dieser Region für Sachsen und Dresden sind Beweis genug, dass dieses Reservoir größte Bedeutung hat.

Das Ensemble des Theaters gehört zu den unverzichtbaren Säulen einer lebendigen Musikszene. Chöre, Kantoreien, Musikschulen, auch allgemeinbildende Schulen und Gymnasien, Fach- und Hochschulen sowie eine weitverzweigte freie Szene leben von der inspirierenden Kraft des Philharmonischen Orchesters, eines leistungsfähigen Chores, der beliebten Solistinnen und Solisten sowie der Tänzerinnen und Tänzer. Großveranstaltungen wie die Tage der Chor- und Orchestermusik 2014, das 18. Deutsche Chorfestival des VDKC 2013 und der regelmäßig stattfindende Robert-Schumann-Wettbewerb haben eindrucksvoll erwiesen, welch große Chancen damit einhergehen. Bei unseren Begegnungen habe ich Sie, sehr geehrte Frau Oberbürgermeisterin, als Streiterin für die Kultur kennengelernt, ich kann mir kaum vorstellen, dass sich an dieser Haltung etwas geändert hat.

Als Rektor der Hochschule für Musik Carl Maria von Weber Dresden darf ich auf wundervolle Kooperationen verweisen, die wir mit dem Theater eingegangen sind, vor allem aber auch auf die vielen Alumni, die von Plauen und Zwickau aus ihre Karrieren angetreten haben oder bei Ihnen engagiert sind. Als Präsident des Verbandes Deutscher KonzertChöre VDKC erinnere ich insbesondere an die fulminanten Aufführungen des War-Requiems von Benjamin Britten 2013 im Dom, an Konzerte mit Werken von Schubert, Mendelssohn und Schumann in München und Dresden – stets war das Philharmonische Orchester ein Partner auf höchstem Niveau, agierte mit Leidenschaft und Hingabe und bewies gerade dadurch seine Unverzichtbarkeit für das Musikleben einer ganzen Region. Sie kulturell attraktiv zu halten, sollte das Interesse beider Städte sein, einerseits, um kreative Potenziale, poetische Konzepte und elementare gesellschaftliche Auseinandersetzungen durch Kunst und Musik weiter zu befördern. Andererseits kann dadurch auch die wirtschaftliche Basis Westsachsens dauerhaft erhalten und verbessert werden, denn mehr und mehr erweist sich, dass jeder in Kultur investierte Euro verdoppelt oder sogar verdreifacht wieder zurückkommt, wie das verschiedene Studien längst erwiesen haben. Ein Verzicht auf die Kraftquelle eines kompletten Musiktheaterensembles hätte die großflächige Verarmung einer ganzen Region zur Folge: Zunächst eine des Geistes und der Kunst, anschließend aber auch eine ganz reale: Denn wer sieht und plant seine Zukunft gern in einer Stadt ohne attraktive Kulturangebote? Der Ruf nach mehr Musiklehrerinnen und –lehrern ist allgemein – wo jedoch sollen diese herkommen, wenn wir die Wurzeln ihres Wirkens abschlagen?

Bitte erlauben Sie noch einen letzten Gedanken: Unter großen persönlichen und finanziellen Opfern haben die Ensembles aus Plauen und Zwickau die Theaterfusion vollzogen und umgesetzt. Bis heute sind die Nachwirkungen von Überhängen und nicht möglichen Neubesetzungen von Stellen zu spüren. Nun, da die Konsolidierung möglich wäre und zum ersten Mal die Chance einer Profilierung mit neu hinzukommenden jungen Musikerinnen und Musikern besteht, erhält das Ensemble die Komplettabsage. Dass zum Zweck der Durchsetzung der Strukturveränderungen zunächst die Haustarifverträge beendet und die Künstler auf 100% Lohn gesetzt werden, um sie danach ganz zu entlassen und dafür 25 Mill. € Abfindungen einzuplanen ist ein Konzept, das allem Verzicht der Künstler bis heute, das allen großartigen künstlerischen Leistungen Hohn spricht und nur als bizarr bezeichnet werden kann.

Sehr geehrte Frau Oberbürgermeisterin, sehr geehrter Herr Oberbürgermeister – ich vertraue auf Ihren integrierenden und vermittelnden Einfluss, eine Entscheidung dieser Tragweite, die für ganz Sachsen das Signal einer kulturellen Bankrotterklärung wäre, zu verhindern. Ich bin sicher, dass es den politischen Willen der Bevölkerung gibt, einen solchen Beschluss der künstlerischen und musikalischen Verarmung zu verhindern. Bitte erlauben Sie, wenn ich Ihnen auf diesem Weg den Protest des Rektorats, der Professorinnen und Professoren der HfM Dresden sowie des Geschäftsführenden Vorstandes und des Künstlerischen Beirats des VDKC übermittle. Auch als Mitglied des Sächsischen Kultursenats und der Sächsischen Akademie der Künste bitte ich Sie inständig und dringend, Musik und Kunst als Chance und Bereicherung der gesamten Gesellschaft und nicht unter dem Aspekt finanzieller Herausforderungen als Belastung zu begreifen. Wir wissen darum, dass dieser Weg nicht einfach ist. Das sollte aber nicht zu Kurzschlussreaktionen wie den angedachten Stadtratsbeschlüssen führen. Die große kulturelle Tradition beider Städte, die Musikgeschichte des gesamten Vogtlandes und seines Instrumentenbaus, die Geburtsstadt Robert Schumanns haben eine solche Entscheidung nicht verdient.

Ich danke Ihnen für Ihre Bemühungen und bin mit hoffnungsvollen Grüßen

Ihr


Prof.
Ekkehard Klemm
Rektor HfM Dresden
Präsident des VDKC
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