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Mrz
2006

Aus einem Gespräch zwischen nzz-Kritiker Max Nyffeler und Komponist Helmut Lachenmann, der altersmilde zu werden scheint!?

HL: Die Alpensinfonie ist keine unreflektierte Musik. Sie gibt sich ungebrochen, aber das ist etwas anderes als unreflektiert. Ich glaube, dass Richard Strauss ganz genau gewusst hat, dass es zu Ende ist mit dem Weltbild, das er hier vermittelt hat. Im Mann ohne Eigenschaften sagt Musil über den Zeitgeist des jungen 20. Jahrhunderts einmal sinngemäss: Die einen haben neue Luft gewittert, und andere haben im Wissen, dass sie ausziehen müssen, noch einmal im alten Gebäude so richtig gehaust. Strauss macht das mit einem riesigen Orchesterapparat. Diese Art Abschiedsfeier von einem nur noch scheinbar intakten, zur Attrappe gewordenen Weltbild ist für mich nicht weniger apokalyptisch und hellsichtig erhellend als jene Musik, die den Bruch vollzieht, so dass musikalische Sprache aus den Trümmern der alten sich neu definiert, wie wir es bei Schönberg, Berg, Webern, aber auch bei Charles Ives erlebt haben.

Zu finden auf der interessanten Seite http://www.beckmesser.de/

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mehrlicht (Gast) - 2006-03-07 11:43

das sieht...

...HL zwar richtig, aber seine Argumentation hinkt insofern, da ausgerechnet Strauss eben NICHT derjenige war, der die Konsequenzen aus der "Abschiedsfeier" gezogen hat, im Gegenteil - ab den 20er Jahren feiert er eine Abschiedsfeier nach der anderen (erinnert mich fast an Bölls "Nicht nur zur Weihnachtszeit...). Insofern hört das Bedauern meinerseits auch nicht auf, wenn beim fast saisonalen Alpengewitter die Windmaschine angeworfen wird. Es gibt kaum ein Werk, was in mir größere Widersprüche erzeugt: Geniale Instrumentation contra ästhetische Rumpelkammer.

klemmdirigiert - 2006-03-07 13:31

...mich hat es immer relativ kalt gelassen...

Allerdings habe ich sehr gern und mit Überzeugung ARIADNE dirigiert. Und ein wirkliches Abschiedsstück ist das CAPRICCIO mit der morbid-abskuren Szene des Souffleurs und der anschließenden Mondscheinmusik. Danach schaut Claire in den Spiegel und auf ihr Leben - das ist Strauss selber; und er sieht sich da ziemlich kritisch. Der Souffleur sagt u.a.: "Ich bin eingeschlafen..."; vorher räsoniert der Theaterdirektor über die Tendenzen in der Hauptstadt usw. - das alles ist in Gegenwart von Göbbels uraufgeführt worden. Ohne Strauss in diesen Dingen rehabilitieren zu wollen - diese Zeilen werden oft übersehen, wenn das Stück einfach als Konversationsstück hingestellt wird. In der Mitte hören wir sogar eine Art Mendelssohn-Zitat (!), wie überhaupt der Dichter Flammand eine interessante Figur ist: aus Flandern kamen einst die Aufständischen.

Aber ich mag da auch nicht zu viel hineindeuten - dies nur by the way.
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