Grußwort zum Richard-Wagner-Symposium in Dresden
Weitere Informationen unter: http://www.hfmdd.de/aktuell/wagner-folgen/
Meine sehr verehrten Damen und Herren,
Alles ist möglich!
Dass die Sächsische Akademie der Künste sich mit dem Lehrstuhl Musikwissenschaft der Technischen Universität, der Semperoper, der Sächsischen Staatskapelle und der Hochschule für Musik Carl Maria von Weber Dresden verbündet, um eine gemeinsame Konferenz abzuhalten – 5 nicht eben unterbeschäftigte und sicher auch nicht immer unkomplizierte Partner in einem Boot: Richard Wagner macht es möglich und ich freue mich aufrichtig über diese gelungene Synergie eines – mit Verlaub - Fünfers mit Steuerfrau, denn mir scheint, wir dürfen den prominent besetzten Kahn der himmlischen Führung der verehrten Intendantin Ulrike Hessler anvertrauen, der wir einen dankbaren Gruß für die Unterstützung der Idee dieser Konferenz nachsenden.
Wohin wird uns das Boot treiben? In Dresden scheint z.Zt. vieles möglich! Die Errichtung eines neuen Wagner-Museums etwa, dessen Konzeption und Eröffnung in den Händen eines jüdischen Dirigenten liegt – wobei der Dank hier eher nach Pirna gehen sollte. Dresden selbst geht mit seinem finanziellen Engagement in Sachen Wagner – mit Verlaub – eher sparsam um, wirbt aber werbewirksam und musikhistorisch akzeptabel korrekt mit dem Slogan: "Wo Wagner WAGNER wurde". Ich gestehe, die Kampagne gefällt mir besser als jene der Nachbarstadt, bei der wir Richard als "Herr des Rings" in einer Fantasy-Rüstung eines südkoreanischen PC-Spiels bestaunen dürfen – die von der Stadt Leipzig beauftragte PR-Firma gibt sich derweil zerknirscht, weil Kopierrechte nicht eingehalten wurden und die Geburtsstadt nun womöglich in die lebenslange Falle ihres berühmten Sohnes tappt: jene der Schulden… Jedoch sei uns alle Häme beim Umgang mit der Werbung für Leistungen, die nicht wir selbst erbracht haben, fern. Schön, dass und wie wir alle von Richard Wagner profitieren, uns ernähren und dabei wichtige Anstöße gern in den von seinem Kompositionsnachfolger Richard Strauss so geliebten Skat drücken. In Dresden ist es sogar möglich, dass der von Wagner vorgebrachte Ruf nach einem geeigneten Konzertsaal nach überschlägig reichlich 160 Jahren noch immer der Realisierung harrt, worauf Dr. Reiner Zimmermann im neuesten der Dresdner Hefte kundig aufmerksam macht. Hoffen wir, dass der Palast in Bälde auch wirklich zum Palast gerät. Alles ist möglich!
Auch, dass ein gefeierter Kapellmeister – wir wissen, dass er den Begriff 'Pultstar' ganz sicher verabscheut – zum veritablen Musikschriftsteller wird und seine Dresdner Wagner-Darbietungen nicht mit Lohengrin, sondern mit theoretischen Abhandlungen beginnt! Und niemand behaupte, Thielemanns Buch sei in München verlegt oder vielleicht in Berlin oder Potsdam geschrieben worden – nein: mit dem Erscheinungsdatum Herbst 2012 und damit NACH seinem Antrittskonzert bei der Sächsischen Staatskapelle reklamieren wir die hochinteressanten Auseinandersetzungen als ein Werk der Dresdner Zeit! Punkt.
In Sachen Wagner selbst scheint ohnehin alles möglich – dass ein Leipziger Knabe in der Dresdner Kreuzschule auf Linie gebracht wird, was seine späteren künstlerischen Ambitionen betrifft, leuchtet uns dabei noch am schnellsten ein. Dass der in Magdeburg, Königsberg und Riga mäßig erfolgreiche und von Schulden geplagte Musiker ausgerechnet an der Elbe zur Hochform aufläuft und dabei sogar noch zum Revolutionär wird, überrascht schon etwas. Weniger, dass er deswegen fluchtartig die Stadt verlassen muss. Typisch Dresden, höre ich höhnen.
Erstaunlich aber wiederum, dass jede Menge reformatorische Ideen trotz anfänglicher Schwierigkeiten letztendlich umgesetzt und zum Erfolg geführt werden, es handle sich um die Errichtung von Opernhäusern, die Strukturierung eines Orchesters inklusive seiner Platzierung, die Einrichtung von Chor-Akademien und einer Orchesterschule, die immerhin 7 Jahre nach Wagners Flucht schon gegründet wurde und damit der 13 Jahre früher installierten Leipziger Institution weniger hinterherhinkt, als zu befürchten gewesen wäre. Eine Idee übrigens, die mir als dem momentanen Rektor ebenso viel Ehre wie Bürde der Verantwortung bedeutet. Die Last des Amtes wird übrigens leichter beim Nachdenken über Weber und Wagner als Streiter für das Neue in ihrer Zeit… - das ist ein Ansatz, der beflügelt.
Leider ist in Dresden auch möglich, dass über die Etablierung und den Ausbau einer attraktiven universitären Musikwissenschaft völlig unzureichend nachgedacht wird. Profilbildung und Alleinstellungsmerkmale, Akkreditierungen und andere Schlagworte stehen seit Bologna gern im Fokus und könnten dazu führen, dass eine der leuchtenden Musikstädte der Welt mit ungezählten Schätzen in einer der besten Bibliotheken europaweit und einer achthundertjährigen Musiktradition ohne universitäre Musik-Forschung dasteht. Aus Sicht der Hochschule für Musik Carl Maria von Weber Dresden unvorstellbar, weshalb wir alles tun wollen, die Kollegen im Campus der TU um Prof. Ottenberg zu unterstützen – die Konferenz wird sicher zeigen, wie unverzichtbar dieses Institut für Dresden ist.
So sind wir froh, dass in Dresden auch innovatives Denken und kreative Programmplanung Platz haben. Ich danke Prof. Dr. Heinemann ganz herzlich, der von Seiten der Musikhochschule die Beteiligung an dieser Konferenz koordiniert hat. Ich danke Akademiepräsident Prof. Dr. Gülke, Prof. Dr. Ottenberg, Frau Dr. Landmann und Tobias Niederschlag für alle ermutigende Kooperation.
Auf die vieldeutig konzipierten "Wagner&Folgen" der Musikhochschule darf ich Sie aufmerksam machen und herzlich einladen, am Samstagabend nicht nur Wagner, sondern auch Liszt, Debussy, Lutosławski sowie der Henze-Fassung der Wesendonck-Lieder zu lauschen und dabei die Exponate zum Thema zu betrachten, die in Zusammenarbeit mit dem Bund Bildender Künstler aus Leipzig sowie dem Sächsischen Musikbund ihren Weg in die Gänge und das Foyer des Konzertsaales der Musikhochschule gefunden haben. Im Herbst werden die Dresdner Studierenden den Veranstaltungszyklus gemeinsam mit Studierenden aus Dresdner Partnerstädten und Partnerinstitutionen abschließen. Junge Musikerinnen und Musiker aus St. Petersburg, Wrocław, Brno, Strasbourg, sicher auch aus Salzburg, Seoul und New York werden in der Stadt, "wo Wagner WAGNER wurde" gemeinsam Ausschnitte aus TRISTAN und GÖTTERDÄMMERUNG, aber auch Sacre du printemps von Stravinski und ein studentisches ganz neues Werk erarbeiten und in Dresden und Bayreuth aufführen. Den Blick mehr nach vorn als zurück – so wie Richard Wagner eben auch.
In Dresden ist das möglich.
Meine sehr verehrten Damen und Herren,
Alles ist möglich!
Dass die Sächsische Akademie der Künste sich mit dem Lehrstuhl Musikwissenschaft der Technischen Universität, der Semperoper, der Sächsischen Staatskapelle und der Hochschule für Musik Carl Maria von Weber Dresden verbündet, um eine gemeinsame Konferenz abzuhalten – 5 nicht eben unterbeschäftigte und sicher auch nicht immer unkomplizierte Partner in einem Boot: Richard Wagner macht es möglich und ich freue mich aufrichtig über diese gelungene Synergie eines – mit Verlaub - Fünfers mit Steuerfrau, denn mir scheint, wir dürfen den prominent besetzten Kahn der himmlischen Führung der verehrten Intendantin Ulrike Hessler anvertrauen, der wir einen dankbaren Gruß für die Unterstützung der Idee dieser Konferenz nachsenden.
Wohin wird uns das Boot treiben? In Dresden scheint z.Zt. vieles möglich! Die Errichtung eines neuen Wagner-Museums etwa, dessen Konzeption und Eröffnung in den Händen eines jüdischen Dirigenten liegt – wobei der Dank hier eher nach Pirna gehen sollte. Dresden selbst geht mit seinem finanziellen Engagement in Sachen Wagner – mit Verlaub – eher sparsam um, wirbt aber werbewirksam und musikhistorisch akzeptabel korrekt mit dem Slogan: "Wo Wagner WAGNER wurde". Ich gestehe, die Kampagne gefällt mir besser als jene der Nachbarstadt, bei der wir Richard als "Herr des Rings" in einer Fantasy-Rüstung eines südkoreanischen PC-Spiels bestaunen dürfen – die von der Stadt Leipzig beauftragte PR-Firma gibt sich derweil zerknirscht, weil Kopierrechte nicht eingehalten wurden und die Geburtsstadt nun womöglich in die lebenslange Falle ihres berühmten Sohnes tappt: jene der Schulden… Jedoch sei uns alle Häme beim Umgang mit der Werbung für Leistungen, die nicht wir selbst erbracht haben, fern. Schön, dass und wie wir alle von Richard Wagner profitieren, uns ernähren und dabei wichtige Anstöße gern in den von seinem Kompositionsnachfolger Richard Strauss so geliebten Skat drücken. In Dresden ist es sogar möglich, dass der von Wagner vorgebrachte Ruf nach einem geeigneten Konzertsaal nach überschlägig reichlich 160 Jahren noch immer der Realisierung harrt, worauf Dr. Reiner Zimmermann im neuesten der Dresdner Hefte kundig aufmerksam macht. Hoffen wir, dass der Palast in Bälde auch wirklich zum Palast gerät. Alles ist möglich!
Auch, dass ein gefeierter Kapellmeister – wir wissen, dass er den Begriff 'Pultstar' ganz sicher verabscheut – zum veritablen Musikschriftsteller wird und seine Dresdner Wagner-Darbietungen nicht mit Lohengrin, sondern mit theoretischen Abhandlungen beginnt! Und niemand behaupte, Thielemanns Buch sei in München verlegt oder vielleicht in Berlin oder Potsdam geschrieben worden – nein: mit dem Erscheinungsdatum Herbst 2012 und damit NACH seinem Antrittskonzert bei der Sächsischen Staatskapelle reklamieren wir die hochinteressanten Auseinandersetzungen als ein Werk der Dresdner Zeit! Punkt.
In Sachen Wagner selbst scheint ohnehin alles möglich – dass ein Leipziger Knabe in der Dresdner Kreuzschule auf Linie gebracht wird, was seine späteren künstlerischen Ambitionen betrifft, leuchtet uns dabei noch am schnellsten ein. Dass der in Magdeburg, Königsberg und Riga mäßig erfolgreiche und von Schulden geplagte Musiker ausgerechnet an der Elbe zur Hochform aufläuft und dabei sogar noch zum Revolutionär wird, überrascht schon etwas. Weniger, dass er deswegen fluchtartig die Stadt verlassen muss. Typisch Dresden, höre ich höhnen.
Erstaunlich aber wiederum, dass jede Menge reformatorische Ideen trotz anfänglicher Schwierigkeiten letztendlich umgesetzt und zum Erfolg geführt werden, es handle sich um die Errichtung von Opernhäusern, die Strukturierung eines Orchesters inklusive seiner Platzierung, die Einrichtung von Chor-Akademien und einer Orchesterschule, die immerhin 7 Jahre nach Wagners Flucht schon gegründet wurde und damit der 13 Jahre früher installierten Leipziger Institution weniger hinterherhinkt, als zu befürchten gewesen wäre. Eine Idee übrigens, die mir als dem momentanen Rektor ebenso viel Ehre wie Bürde der Verantwortung bedeutet. Die Last des Amtes wird übrigens leichter beim Nachdenken über Weber und Wagner als Streiter für das Neue in ihrer Zeit… - das ist ein Ansatz, der beflügelt.
Leider ist in Dresden auch möglich, dass über die Etablierung und den Ausbau einer attraktiven universitären Musikwissenschaft völlig unzureichend nachgedacht wird. Profilbildung und Alleinstellungsmerkmale, Akkreditierungen und andere Schlagworte stehen seit Bologna gern im Fokus und könnten dazu führen, dass eine der leuchtenden Musikstädte der Welt mit ungezählten Schätzen in einer der besten Bibliotheken europaweit und einer achthundertjährigen Musiktradition ohne universitäre Musik-Forschung dasteht. Aus Sicht der Hochschule für Musik Carl Maria von Weber Dresden unvorstellbar, weshalb wir alles tun wollen, die Kollegen im Campus der TU um Prof. Ottenberg zu unterstützen – die Konferenz wird sicher zeigen, wie unverzichtbar dieses Institut für Dresden ist.
So sind wir froh, dass in Dresden auch innovatives Denken und kreative Programmplanung Platz haben. Ich danke Prof. Dr. Heinemann ganz herzlich, der von Seiten der Musikhochschule die Beteiligung an dieser Konferenz koordiniert hat. Ich danke Akademiepräsident Prof. Dr. Gülke, Prof. Dr. Ottenberg, Frau Dr. Landmann und Tobias Niederschlag für alle ermutigende Kooperation.
Auf die vieldeutig konzipierten "Wagner&Folgen" der Musikhochschule darf ich Sie aufmerksam machen und herzlich einladen, am Samstagabend nicht nur Wagner, sondern auch Liszt, Debussy, Lutosławski sowie der Henze-Fassung der Wesendonck-Lieder zu lauschen und dabei die Exponate zum Thema zu betrachten, die in Zusammenarbeit mit dem Bund Bildender Künstler aus Leipzig sowie dem Sächsischen Musikbund ihren Weg in die Gänge und das Foyer des Konzertsaales der Musikhochschule gefunden haben. Im Herbst werden die Dresdner Studierenden den Veranstaltungszyklus gemeinsam mit Studierenden aus Dresdner Partnerstädten und Partnerinstitutionen abschließen. Junge Musikerinnen und Musiker aus St. Petersburg, Wrocław, Brno, Strasbourg, sicher auch aus Salzburg, Seoul und New York werden in der Stadt, "wo Wagner WAGNER wurde" gemeinsam Ausschnitte aus TRISTAN und GÖTTERDÄMMERUNG, aber auch Sacre du printemps von Stravinski und ein studentisches ganz neues Werk erarbeiten und in Dresden und Bayreuth aufführen. Den Blick mehr nach vorn als zurück – so wie Richard Wagner eben auch.
In Dresden ist das möglich.
klemmdirigiert - 2013-01-25 00:05
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