1
Aug
2006

"Heute ist die Debatte schon ein paar Runden weiter: Die Israelis, so kann man es jeden Tag hören und lesen, tun den Palästinensern das an, was die Nazis den Juden angetan haben, während die Deutschen - oder wie man heute kokett sagt: "die nicht-jüdischen Deutschen" - ihre historische Pflicht darin sehen, darauf zu achten, dass die Juden aus ihrer Geschichte lernen und sich anständig benehmen. Wolfgang Pohrts geniales Wort von den Tätern, die zu Bewährungshelfern mutieren und darauf achten, dass ihre Opfer ja nicht rückfällig werden, war nie aktueller und passender als heute."

Wow - Broder hat wiedermal zugeschlagen. Zu Recht, zu Unrecht? Jedenfalls nicht ohne Grund.

Die 'antiisraelischen' Töne hierzulande sind also keine Einbildung von mir, sondern werden offenkundig von vielen bemerkt.

Der Historiker Jäckel weist übrigens darauf hin, daß vor den Nazis "noch nie zuvor ein Staat mit der Autorität seines verantwortlichen Führers beschlossen und angekündigt hatte, eine bestimmte Menschengruppe einschließlich der Alten, der Frauen, der Kinder und der Säuglinge möglichst restlos zu töten, und diesen Beschluß mit allen nur möglichen staatlichen Machtmitteln in die Tat umsetzte".
(zit. nach Hans Küng DAS JUDENTUM, Piper, S. 282)

Daß im Zusammenhang mit dem 2. WK dabei der Begriff des 'antisemitischen Krieges' verwendet wurde, mag diskussionswürdig sein, weil die Dimensionen des Mordens womöglich eingeengt erscheint - der Antisemitismus hat aber ohne Zweifel dem Krieg und dem nazistischen Vernichtungswillen seinen besonderen und einzigartigen Stempel aufgedrückt.
Aber wir brauchen hier nicht den Historikerstreit der 80-er Jahre zu wiederholen und auch nicht den um die Notwendigkeit des Holocaust-Mahnmals, das ja auch den Juden vorbehalten ist.

Das, was Ahmadinedschad androht, ist auf alle Fälle ein antisemitischer Krieg.

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klemmdirigiert - 2006-08-30 20:57

wunschgemäß stelle ich hier den Kommentar einer Leserin ein, die mit der Kommentarfunktion Probleme hatte:

kommentar zu israel

in der tat stellt sich die frage, wie es weitergehen soll in israel, und ob wir deutsche etwas dazu sagen dürfen. als ich im november 1995 unmittelbar nach der ermordung rabins mit einer gewerkschaftlich-sozialdemokratisch-grün zusammengesetzten gruppe in israel war, fragte ein grüner oberhauser stadtrat sehr höflich und zögerlich unseren israelischen reiseleiter, ob denn die israelische siedlungspolitik in palestinensischen gebieten wirklich einem langfristigen frieden dienlich wäre. die wörtliche antwort war: "ohne adolf würde es israel gar nicht geben!" erschreckt verstummten wir politisch korrekte reisegruppe.

ich meine schon, dass alle europäer eine politische meinung haben dürfen über die vorgänge. wirklich beänstigend wird es dann allerdings bei jostein gaarder (s.anlage), der in "sophies welt", "das weihnachtsgeheimnis" oder "das kartengeheimnis" weitausholend für demokratisch organisierten weltfrieden eintritt mit der uno als schutzmacht und mit sicherheit nicht im verdacht steht, antisemitisch zu sein. er scheint so genervt von der aktuellen israel-politik zu sein, dass er zum rundumschlag gegen die vermeintlich oder tatsächlich fanatisch alttestamentarische staats-doktrin ausholt und schlussfolgernd den ganzen staat vernichten und damit das kind mit dem bade ausschütten will.

der gaarder-essay ist jedenfalls wichtiger als die grass-pr-kampagne und wird von den medien hier sträflich vernachlässigt.

wir in europa und insbesondere in deutschland sollten auf die lange sicht tatsächlich einmal überlegen, ob wir nicht großangelegte rücksiedlungsprojekte für euopäisch-stämmige jüdische menschen angehen wollen! solche familien, die "ohne adolf" heute in deutschland leben würden, sind jedenfalls mir willkommen!

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