26
Apr
2008

Bedenkenswert

"Wir erleben eine umfassende Ästhetik der Reproduktion. Ob es die immer gleichen Stücke sind, die sängerische Imitation der berühmten CD-Einspielung mit historischen Instrumenten oder die originalgetreue Rekonstruktion eines ganzen Opernhauses – all das sind Wiederholungen von Formen einer versunkenen Zeit.

Ist das ein deutsches Spezifikum? Als in den neunziger Jahren die Oper von Lyon saniert wurde, setzte Jean Nouvel in die altehrwürdigen Fassaden ein modernes Haus; nur das historische Foyer blieb stehen. Ich kenne kein Opernhaus in Europa, das so viel junges Publikum anzieht wie Lyon mit seinem architektonischen Bekenntnis zur Gegenwart."


Bedenkenswert, was Stefan Rosinki da formuliert.

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mehrLicht - 2008-04-26 11:09

Die Gedanken sind toll, aber inkonsequenterweise kommt er zum Schluss zu einer Berliner Schubkastenlösung, die "deutscher" (im Sinne von "geordnet") nicht sein kann. Neue Musik in die eine Ecke, Repertoire in die andere. Und am besten noch das Publikum sauber trennen? Nein danke.

klemmdirigiert - 2008-04-26 18:33

sorry, ich meinte auch vor allem den ersten Teil; über den Schluß der Überlegungen war ich auch etwas enttäuscht, er hat etwas von: als Tiger gesprungen, als Bettvorleger gelandet...; all diese wahnsinnig konzeptionell angelegten Ideen werden nur zu schnell zur Ideologie - damit ist dann die ganze kreative Energie wieder futsch
mehrlicht (Gast) - 2008-04-26 20:15

der erste Teil regt auf jeden Fall zum Nachdenken an. Zumal die Opernhäuser natürlich immer fertige Strukturen sind, in deren Rahmen ein Musiktheater sich bewegen MUSS. Da gibt es aber schon eine unterschiedliche Bandbreite der Anpassung der Komponisten/der Regie und natürlich auch eine unterschiedliche Bandbreite der Akzeptanz. Gibt es eigentlich eine fundierte Analyse zeitgenössischen Musiktheaters in Deutschland? Also auch, was Aufführungszahlen, Uraufführungsbereitschaft oder ästhetische "Wellen" angeht, die zu betrachten wären. Ich finde es wahnsinnig schwer, die Medienschnippsel, eigene - meist lokal begrenzte - Aufführungserfahrungen und aktuelle Literatur zu einem Bild zusammenzusetzen.

klemmdirigiert - 2008-04-26 20:47

was mich immer wieder beschäftigt: daß es bildender Kunst, teilweise der Architektur und auch der Literatur viel selbstverständlicher gelungen ist, im zeitgenössischen Alltag wahrgenommen zu werden; wir setzen uns mit Selbstverständlichkeit in moderne Bars, schlafen in Designer-Betten und schauen auf all die (auch nicht mehr so modernen) Klees, Feiningers, Mirós... an den Wänden - immerhin; aber schicke mal einen Xenakis in den Äther einer modern gestylten Einkaufspassage; dasselbe beim Film: Action, Computerkunst, sogar inhaltlich avancierte Filme kommen mit Streichersound aus der abgdroschensten Schublade daher - warum hinkt die Musik so entsetzlich hinterher? warum rasen die Leute nach Kassel zur documenta zu Tausenden und bei der Neuen Musik verirren sich ein paar Hanseln...?
mehrLicht - 2008-04-28 11:01

aus welchen Gründen ist denn ausgerechnet im Punkt "Erfolg" oder "Zuspruch" der Vergleich zwischen bildender Kunst und Musik erlaubt? Ich denke eher, der Vergleich sollte nicht zwischen den Künsten selbst stattfinden sondern eher in der Platzierung und Vermittlung der Künste. Neue Musik tönt immer noch für sich selbst, für einen kleinen Kreis "Eingeweihter". Weder Veranstalter noch Medien machen sich die Mühe, das wirklich Faszinierende der Neuen Musik auch nach außen zu tragen und Publikum dafür zu gewinnen. Und solange das von der Jugendmusikschule bis hin zum Intendanten immer das ungeliebte Abstellgleis bleibt, wird sich daran auch nix ändern. [Abseitsgedanke: die Selbstverständlichkeit der zeitgenössischen Musik in der DDR ist schon interessant, allein, was dann wiederum 'produziert' wurde, ist ein anderes Thema...]
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