24
Mai
2010

Schumann - GENOVEVA

Genoveva-18371

Es ist ein merkwürdig melancholischer Zug, der die Figur der Genoveva umweht. Was Wunder, bei diesem Geschick. Wobei Schumann als besonders empfindsamer Mensch das Drama noch gut ausgehen lässt, anders als die Dichter Tieck und Hebbel, die seine Vorlagen bilden. Wie der Graf im FIGARO von Mozart bittet Siegfried um Vergebung - nur dass er sein Weib nicht hintergangen hat, sondern zum Tode verurteilt. Nur angesichts eines Kreuzes konnten die Haudegen (was für ein teffender Begriff in dem Fall) Caspar und Balthasar das Urteil nicht vollstrecken und bekamen kalte Füße... Versöhnung, Finale.

Sicher, etwas merkwürdig scheint uns das heute schon. Warum aber jedes viel schlechtere Libretto italienischer Opern oder auch Wagners Seltsamkeiten zu exorbitanten Aufführungszahlen führen, wogegen Schumanns einzige Oper nahezu unbemerkt existiert, bleibt rätselhaft. In Dresden wurde sie komponiert und erklang hier wahrscheinlich ein einziges Mal, nämlich 1882 unter Schuch. Sie ist - ähnlich dem IDOMENEO von Mozart - ein Meisterwerk für Kenner und Liebhaber. Keine Äußerlichkeiten, alles geht in die Tiefe, nach innen. Motivische Bezüge ohne Ende, phantastische Einfälle und wundervolle Lyrismen, prachtvolle Finali - eine Ouvertüre, wie sie für den gleichzeitig den LOHENGRIN schreibenden Wagner völlig undenkbar wäre. Wagner schreibt effektvoller fürs Theater. So weit, so gut. Schumann hingegen schreibt wahrhaftiger.

Am 30. Mai werden das Hochschulsinfonieorchester der Dresdner Musikhochschule, die Solisten Jana Reiner, Falk Hoffmann, Hyunduk Na und Johannes Wollrab in den Hauptrollen sowie die Singakademie Dresden unter meiner Leitung das Stück in der Semperoper konzertant aufführen, Beginn 11 Uhr. Es ist ein Wagnis, mit jungen Leuten, überwiegend Studenten, das Stück zu erarbeiten. Aber es ist eine wundervolle Pflicht und Aufgabe einer Hochschule, Meisterwerke dem Vergessen zu entreißen!

Trackback URL:
https://klemmdirigiert.twoday.net/stories/6350540/modTrackback

Solorepetitor (Gast) - 2010-05-27 12:56

Lieber Herr Klemm,

ja es ist ein fantastisches Werk!
Wir machen es auch in Zwickau, aktuell laufen die BO´s, vielleicht haben Sie Zeit (Lust ganz sicher) mal vorbeizuhören?

Beste Grüße,

A.C.

klemmdirigiert - 2010-05-30 01:20

wann ist Premiere?
Solorepetitor (Gast) - 2010-05-30 14:30

Am kommenden Freitag (Kartenkontingent ist aber begrenzt), Mittwoch ist GP.

logo

Weblog des Dirigenten Ekkehard Klemm, Dresden

Ansichten, Einsichten, Rücksichten, Aussichten

User Status

Du bist nicht angemeldet.

Archiv

Mai 2010
Mo
Di
Mi
Do
Fr
Sa
So
 
 
 
 
 
 1 
 2 
 3 
 4 
 5 
 6 
 7 
 8 
 9 
10
11
12
13
14
15
16
17
18
19
20
21
22
23
25
26
27
28
30
 
 
 
 
 
 
 

Aktuelle Beiträge

Uraufführungen seit 1998,...
Aus Anlass der morgigen (heutigen...) Uraufführung...
klemmdirigiert - 2016-10-01 00:30
Einojuhani Rautavaara...
Aus Anlass der Premiere der Oper DAS SONNENHAUS schickte...
klemmdirigiert - 2016-08-25 01:05
Einojunahni Rautavaara...
Programmhefttext für die deutsche Erstaufführung 1994...
klemmdirigiert - 2016-08-25 01:01
Einojuhani Rautavaara...
(Foto: Sini Rautavaara - bei meinem Besuch in Helsinki...
klemmdirigiert - 2016-08-25 00:54
...wuchernder Kanon mit...
Eine Einführung zum "Ricercar a 5,9", Uraufführung...
klemmdirigiert - 2016-08-24 23:34

Musikliste

Suche

 

Status

Online seit 6922 Tagen
Zuletzt aktualisiert: 2016-10-01 00:30

Mein Lesestoff