18
Feb
2014

Begrüßung zu CANDIDE

...inzwischen eine schöne Erinnerung - aber eine wirklich ganz wundervolle...

Verehrtes Publikum,

leben Sie in der besten aller Welten? Haben Sie sich über diese seltsame Frage schon einmal Gedanken gemacht?
Der heutige Abend IST die beste aller möglichen Welten. Sie hören wundervolle Musik, genießen herrlichen [Un]-Sinn, beschäftigen sich mit weltberühmter Philosophie, bekommen das Ganze golden verpackt mit dem funkelnden Papier des großen Loriot. Im günstigsten Falle gehen Sie aufgeklärt UND amüsiert nach Hause! Dazu so viele junge Leute auf der Bühne – was könnte die Welt noch besser machen in dem Augenblick? Sie sind wahrlich zu beglückwünschen.

So wie ich im Jahre 1996, als mich meine Biografie nach München führte. Unser heutiger 'Erzähler', Prof. Klaus Schultz, damals Staatsintendant am Gärtnerplatztheater, Münchens zweitem Opernhaus, engagierte mich als Dirigent. Eine der ersten Begegnungen: Loriot. Sieben Wochen intensivste Zusammenarbeit an Flotows MARTHA (jawohl, jene, die entschwand und mit ihr das fäschlich besungene Portemonnaie…). Besser ging nicht. Akribie, Humor auf den Punkt (in den Proben fast ohne zu lachen!), Disziplin (etwas preußisch durchaus) und absolute Menschlichkeit – eine herrliche, unvergessliche Zeit.

Später steuerte das Schiff in ganz andere Regionen – mit den Zeitgenossen Reimann, Henze, Tarnopolski, Terterian, Schnebel und Nono setzte Klaus Schultz neben Mozart, Verdi und Strauss ganz andere Akzente und prägte seine Intendanz mit modernen Werken und großen Erfolgen bei Publikum und Presse. Ich hatte die Freude und Ehre, all diese Werke dirigieren zu dürfen. Das war die beste aller mir damals möglichen Welten. Mittendrin Bernstein und Loriot mit CANDIDE – ausgerechnet das ging jedoch an mir vorüber und ich erlebte es nur als Beobachter. Der viel zu früh verstorbene Bernstein-Schüler und Mitarbeiter David Stahl hatte selbstredend das Privileg der ersten und vieler weiterer Nächte, die dem Stück rasenden Zuspruch brachten.

Zeit, in der besten aller nun erreichten Dresdner Welten diese Lücke zu schließen und etwas Dank abzustatten, in den ganz besonders auch die Musikerinnen und Musiker der Staatsoperette mit ihrem Intendanten Wolfgang Schaller sowie alle Mitarbeiter der HfM Dresden eingeschlossen seien! Doch nun voran in die heilsame Geschichte, denn nur das Bestellen des Gartens bewahrt uns vor zu viel Optimismus in dieser grässlichen, aber besten aller Welten…

"Live is happiness indeed" – diesen Abend zumindest und ganz gewiss –

wünscht Ihnen
Ihr
Ekkehard Klemm

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