Im Zusammenwirken von Chaos und Ordnung, Gefühl und Überlegung sollte die Hitze des Chaos durch die Ordnung zur Wärme reduziert werden. Diese Wärme erwärmt ihrerseits wiederum die Kühle der Ordnung.
Und hier noch wunderbare Auszüge aus einem Interview der nzz mit dem Pianisten Alfred Brendel:
Was ist schlimmer: Werkgerechtigkeit oder Selbstgerechtigkeit? Lassen wir Gerechtigkeit beiseite. Von den Werken sollten die aufregendsten Impulse ausgehen; der Pianist und schon gar die Pianistin sollten mit ihrer Hilfe geradezu aufblühen. Natürlich muss man junge Spieler zur Selbständigkeit erziehen. Anderseits muss man ihnen bis in die letzte Note nachweisen, wie genau eine Aufführung zu erarbeiten ist. Man kann das nur anhand seiner eigenen Vorstellungskraft und mit Hilfe seiner persönlichen Erfahrungen vermitteln: als Beispiel, aber nicht als die eine, endgültige Wahrheit.
Etwas weiter unten:
Ich selbst halte mich nicht für einen Intellektuellen, also für einen Menschen, den primär der Intellekt steuert. Ich bin ein Musiker und Schriftsteller, der auch denkt. Es gibt instinktive Musiker von grossem Format. Man darf nur nicht annehmen, allein diese öffneten das Herz. Das ist Unsinn. Im Zusammenwirken von Chaos und Ordnung, Gefühl und Überlegung sollte die Hitze des Chaos durch die Ordnung zur Wärme reduziert werden. Diese Wärme erwärmt ihrerseits wiederum die Kühle der Ordnung. Ob das bewusst oder unbewusst geschieht, hat kaum Bedeutung, solange das Resultat stimmt. Ein Resultat solchen Zusammenwirkens wäre «Gefühlsdeutlichkeit» - das Wort stammt von Robert Schumann.
Darauf der Frager:
Kompliment für dieses - dritte, Brendelsche - Gesetz zur Thermodynamik. Ich denke, dass es sich auch auf manche ausdrücklich «intellektuelle» Musiker anwenden liesse: sogar auf Glenn Gould, der zwar etwa in seinen Interviews jegliche Spontaneität bloss artifiziell herstellte, indem er gewisse Fragen auch noch selber formulierte und sie dann seinem Partner in den Mund legte, doch als Klavierspieler zugleich spontan gefühlswarm wirken konnte.
Und Brendel:
Ich enthalte mich der Stimme.
Das ist aufrichtig und konsequent: denn da hätten wir wieder das Problem mit Werk und Selbst - die Gerechtigkeit wollten wir ja außen vorlassen! Ich verneige mich vor Brendel!!! (Und hatte noch nie eine Vorliebe für GG - sorry, er war zweifellos ein begnadeter Pianist. Aber seine Interpretationen??)
Aber auch Brendel hat seine Grenzen:
Die Vorstellung von Himmel und Hölle hat etwas Kindliches. Isaiah Berlin hat in einem Aufsatz Schillers Idee des Naiven und des Sentimentalischen auf die Musik angewandt. Verdi war für ihn ein grosser Naiver. Sollte man im Paradies pausenlos Verdi hören, bäte ich um Urlaub und ginge von Zeit zu Zeit lieber ins Fegefeuer, vielleicht sogar in die Hölle.
Also, wenn da die ganze Zeit CARLO, OTELLO, FALSTAFF oder die QUATTRO PEZZI SACRI kämen - warum nicht? Außerdem hat Verdi SOOOO viel geschrieben, da gäbe es immerhin allerhand Abwechslung...
komplett zu lesen unter: http://www.nzz.ch/2005/12/31/li/articleDG57Y.html
Was ist schlimmer: Werkgerechtigkeit oder Selbstgerechtigkeit? Lassen wir Gerechtigkeit beiseite. Von den Werken sollten die aufregendsten Impulse ausgehen; der Pianist und schon gar die Pianistin sollten mit ihrer Hilfe geradezu aufblühen. Natürlich muss man junge Spieler zur Selbständigkeit erziehen. Anderseits muss man ihnen bis in die letzte Note nachweisen, wie genau eine Aufführung zu erarbeiten ist. Man kann das nur anhand seiner eigenen Vorstellungskraft und mit Hilfe seiner persönlichen Erfahrungen vermitteln: als Beispiel, aber nicht als die eine, endgültige Wahrheit.
Etwas weiter unten:
Ich selbst halte mich nicht für einen Intellektuellen, also für einen Menschen, den primär der Intellekt steuert. Ich bin ein Musiker und Schriftsteller, der auch denkt. Es gibt instinktive Musiker von grossem Format. Man darf nur nicht annehmen, allein diese öffneten das Herz. Das ist Unsinn. Im Zusammenwirken von Chaos und Ordnung, Gefühl und Überlegung sollte die Hitze des Chaos durch die Ordnung zur Wärme reduziert werden. Diese Wärme erwärmt ihrerseits wiederum die Kühle der Ordnung. Ob das bewusst oder unbewusst geschieht, hat kaum Bedeutung, solange das Resultat stimmt. Ein Resultat solchen Zusammenwirkens wäre «Gefühlsdeutlichkeit» - das Wort stammt von Robert Schumann.
Darauf der Frager:
Kompliment für dieses - dritte, Brendelsche - Gesetz zur Thermodynamik. Ich denke, dass es sich auch auf manche ausdrücklich «intellektuelle» Musiker anwenden liesse: sogar auf Glenn Gould, der zwar etwa in seinen Interviews jegliche Spontaneität bloss artifiziell herstellte, indem er gewisse Fragen auch noch selber formulierte und sie dann seinem Partner in den Mund legte, doch als Klavierspieler zugleich spontan gefühlswarm wirken konnte.
Und Brendel:
Ich enthalte mich der Stimme.
Das ist aufrichtig und konsequent: denn da hätten wir wieder das Problem mit Werk und Selbst - die Gerechtigkeit wollten wir ja außen vorlassen! Ich verneige mich vor Brendel!!! (Und hatte noch nie eine Vorliebe für GG - sorry, er war zweifellos ein begnadeter Pianist. Aber seine Interpretationen??)
Aber auch Brendel hat seine Grenzen:
Die Vorstellung von Himmel und Hölle hat etwas Kindliches. Isaiah Berlin hat in einem Aufsatz Schillers Idee des Naiven und des Sentimentalischen auf die Musik angewandt. Verdi war für ihn ein grosser Naiver. Sollte man im Paradies pausenlos Verdi hören, bäte ich um Urlaub und ginge von Zeit zu Zeit lieber ins Fegefeuer, vielleicht sogar in die Hölle.
Also, wenn da die ganze Zeit CARLO, OTELLO, FALSTAFF oder die QUATTRO PEZZI SACRI kämen - warum nicht? Außerdem hat Verdi SOOOO viel geschrieben, da gäbe es immerhin allerhand Abwechslung...
komplett zu lesen unter: http://www.nzz.ch/2005/12/31/li/articleDG57Y.html
klemmdirigiert - 2005-12-31 13:12
0 Kommentare - Kommentar verfassen - 0 Trackbacks