Kritiken...
Manchmal meint man, die Kritiker seien in zwei verschiedenen Konzerten gewesen.
Hier der Text der Dresdner Neuesten Nachrichten in Auszügen:
Der Chor als wichtigster Akteur hatte nicht nur enorme Textmengen zu bewältigen, sondern fand auch die erforderliche Mitte zwischen relativ nüchtern gehaltenem Bericht und dramatischer Zuspitzung, die aber bei Blacher emotional gebremst ist. Der Stil erinnert in manchen Passagen an die liturgische Musik der orthodoxen Kirche, die der Komponist während einigen Jugendjahren in Sibirien intensiv kennen gelernt hat. Dichte der Deklamation, Unisonopassagen und volksliedhafte Einfachheit gelangen den Sängern so gut, dass das auf einen ungewöhnlich hohen Probenaufwand schließen lässt. Eckehard Klemm konnte sich bei seinem Dirigat auf die großen Linien konzentrieren, weil die Details in den Proben sicher genug gearbeitet worden waren. Andreas Schmidt sang den Solopart trotz voller Tongebung mit großer Zurückhaltung, die Blachers Methode der reduzierten Emotionalität voll entsprach. Dennoch entstand nie der Eindruck, es würde unterkühlt musiziert, weil eine hohe innere Spannung bei allen Beteiligten deutlich spürbar war, sich aber nicht in äußeren Effekten niederschlug.
Die überzeugende Wirkung dieser Zurückhaltung war um so bemerkenswerter, weil vor Blachers Werk zwei Chorkompositionen von Johannes Brahms standen, deren klangliche Opulenz die Blachers weit übertraf. Britta Schwarz sang ihren Part in der Rhapsodie für Altstimme, Männerchor und Orchester op. 53 mit großem Stimmvolumen und selbst im hohen Register mit prächtigem Legato und natürlichem melodischem Fluss. Klemm verstand es, die dynamischen Relationen zwischen Solistin und Chor gut auszubalancieren und konnte sich hier wie in der Nänie op.82 auf seinen Chor und dessen gut gestütztes Piano ebenso verlassen wie auf die Fähigkeit, ein abgerundetes Klangbild mit weichen Konturen herzustellen. Klug gebändigte Fortissimopassagen und spannungsreiche Vokalisen waren weitere Kennzeichen einer Aufführung, bei der die Neue Elblandphilharmonie den anderen Ausführenden an Qualität um nichts nachstand. Peter Zacher
Und hier die Worte der Sächsischen Zeitung:
Herr, lass es Sommerpause werden
Von Anders Winter
Dresdens Singakademie übernahm sich mit Boris Blachers „Großinquisitor“.
Im letzten Konzert vor der Sommerpause versuchte sich Dresdens Singakademie an Boris Blachers sprachgewaltigem „Großinquisitor“. Doch nicht nur in der Kombination mit Chorsymphonik von Brahms blieben Fragen in der Dresdner Lukaskirche offen.
„Nie wieder“, so das Programmheft, „hat Brahms sich in eine solche Nähe zu Wagner begeben.“ Es wäre tatsächlich ein wunderbares Rendezvous geworden, wenn die Neue Elbland Philharmonie ein paar schmelzendere Farben aufgelegt hätte. So sang sich die Altistin Britta Schwarz in der Brahmschen „Altrhapsodie“ um Kopf und Kragen, und aus dem Orchester kam nichts. Außer ein paar innigen Holzbläserpassagen sah sich das Orchester außerstande, mehr als nur die Noten zu präsentieren. Vielleicht hätte Dirigent Ekkehard Klemm – auch bei seiner Akademie – erst einmal um Sympathie für die Musik werben müssen?
Leider blieb auch der eigentlich faszinierende „Großinquisitor“ bruchstückhaft, schleppte sich von Takt zu Takt. Zwischen den tatsächlich sehr gut präparierten „heiklen Stellen“ dehnte sich die rhythmisch holprige Ebene. Zögerlich nur kam der Chor voran und setzte sich vor dem hochspannenden, alles entscheidenden ersten Bass-Solo erst einmal aufs Podest, was dem Werk den letzten Rest innerer Spannung raubte.
Wenn Andreas Schmidt da nicht gewesen wäre! Er füllte die Figur des greisen „Großinquisitors“ mit Leben und gab der gesamten Szenerie mit einem Mal Stimmung und Gestalt. Das hochdramatische Werk erblühte durch Schmidts farbenkräftige Erzählkunst, was das Publikum zu Recht feierte.
Also zumindest bei der Sache mit der Sympathie kann ich Herrn Winter beruhigen: die Werbung ist eindeutig erfolgt und war eigentlich auch gar nicht nötig, denn die Stücke werben für sich. Daß ich den Chor habe an einer spannungsvollen Stelle setzen lassen - nun gut, möglicherweise ein Fehler. Bei 90 min. Programm aber nötig, und das Stück hat dazu nur diese eine Möglichkeit. Wie aber ist es um die Motivation eines Kritikers bestellt, der einem ohne Zweifel leistungsfähigen Chor und Orchester bei der Aufführung eines sehr selten zu hörenden Werkes einen solchen Strick dreht? Kritik in Ehren - das aber ist einfach nur eine boshafte Unverschämtheit.
Hier der Text der Dresdner Neuesten Nachrichten in Auszügen:
Der Chor als wichtigster Akteur hatte nicht nur enorme Textmengen zu bewältigen, sondern fand auch die erforderliche Mitte zwischen relativ nüchtern gehaltenem Bericht und dramatischer Zuspitzung, die aber bei Blacher emotional gebremst ist. Der Stil erinnert in manchen Passagen an die liturgische Musik der orthodoxen Kirche, die der Komponist während einigen Jugendjahren in Sibirien intensiv kennen gelernt hat. Dichte der Deklamation, Unisonopassagen und volksliedhafte Einfachheit gelangen den Sängern so gut, dass das auf einen ungewöhnlich hohen Probenaufwand schließen lässt. Eckehard Klemm konnte sich bei seinem Dirigat auf die großen Linien konzentrieren, weil die Details in den Proben sicher genug gearbeitet worden waren. Andreas Schmidt sang den Solopart trotz voller Tongebung mit großer Zurückhaltung, die Blachers Methode der reduzierten Emotionalität voll entsprach. Dennoch entstand nie der Eindruck, es würde unterkühlt musiziert, weil eine hohe innere Spannung bei allen Beteiligten deutlich spürbar war, sich aber nicht in äußeren Effekten niederschlug.
Die überzeugende Wirkung dieser Zurückhaltung war um so bemerkenswerter, weil vor Blachers Werk zwei Chorkompositionen von Johannes Brahms standen, deren klangliche Opulenz die Blachers weit übertraf. Britta Schwarz sang ihren Part in der Rhapsodie für Altstimme, Männerchor und Orchester op. 53 mit großem Stimmvolumen und selbst im hohen Register mit prächtigem Legato und natürlichem melodischem Fluss. Klemm verstand es, die dynamischen Relationen zwischen Solistin und Chor gut auszubalancieren und konnte sich hier wie in der Nänie op.82 auf seinen Chor und dessen gut gestütztes Piano ebenso verlassen wie auf die Fähigkeit, ein abgerundetes Klangbild mit weichen Konturen herzustellen. Klug gebändigte Fortissimopassagen und spannungsreiche Vokalisen waren weitere Kennzeichen einer Aufführung, bei der die Neue Elblandphilharmonie den anderen Ausführenden an Qualität um nichts nachstand. Peter Zacher
Und hier die Worte der Sächsischen Zeitung:
Herr, lass es Sommerpause werden
Von Anders Winter
Dresdens Singakademie übernahm sich mit Boris Blachers „Großinquisitor“.
Im letzten Konzert vor der Sommerpause versuchte sich Dresdens Singakademie an Boris Blachers sprachgewaltigem „Großinquisitor“. Doch nicht nur in der Kombination mit Chorsymphonik von Brahms blieben Fragen in der Dresdner Lukaskirche offen.
„Nie wieder“, so das Programmheft, „hat Brahms sich in eine solche Nähe zu Wagner begeben.“ Es wäre tatsächlich ein wunderbares Rendezvous geworden, wenn die Neue Elbland Philharmonie ein paar schmelzendere Farben aufgelegt hätte. So sang sich die Altistin Britta Schwarz in der Brahmschen „Altrhapsodie“ um Kopf und Kragen, und aus dem Orchester kam nichts. Außer ein paar innigen Holzbläserpassagen sah sich das Orchester außerstande, mehr als nur die Noten zu präsentieren. Vielleicht hätte Dirigent Ekkehard Klemm – auch bei seiner Akademie – erst einmal um Sympathie für die Musik werben müssen?
Leider blieb auch der eigentlich faszinierende „Großinquisitor“ bruchstückhaft, schleppte sich von Takt zu Takt. Zwischen den tatsächlich sehr gut präparierten „heiklen Stellen“ dehnte sich die rhythmisch holprige Ebene. Zögerlich nur kam der Chor voran und setzte sich vor dem hochspannenden, alles entscheidenden ersten Bass-Solo erst einmal aufs Podest, was dem Werk den letzten Rest innerer Spannung raubte.
Wenn Andreas Schmidt da nicht gewesen wäre! Er füllte die Figur des greisen „Großinquisitors“ mit Leben und gab der gesamten Szenerie mit einem Mal Stimmung und Gestalt. Das hochdramatische Werk erblühte durch Schmidts farbenkräftige Erzählkunst, was das Publikum zu Recht feierte.
Also zumindest bei der Sache mit der Sympathie kann ich Herrn Winter beruhigen: die Werbung ist eindeutig erfolgt und war eigentlich auch gar nicht nötig, denn die Stücke werben für sich. Daß ich den Chor habe an einer spannungsvollen Stelle setzen lassen - nun gut, möglicherweise ein Fehler. Bei 90 min. Programm aber nötig, und das Stück hat dazu nur diese eine Möglichkeit. Wie aber ist es um die Motivation eines Kritikers bestellt, der einem ohne Zweifel leistungsfähigen Chor und Orchester bei der Aufführung eines sehr selten zu hörenden Werkes einen solchen Strick dreht? Kritik in Ehren - das aber ist einfach nur eine boshafte Unverschämtheit.
klemmdirigiert - 2008-07-15 23:30
3 Kommentare - Kommentar verfassen - 0 Trackbacks
Connie (Gast) - 2008-07-16 10:07
Kritiker sein heißt nicht Kritik üben können
Lieber Klemm, das ist leider eine häufige Erfahrung und umso schmerzhafter je ungerechter die Kritik dadurch wird.
Bedenkt man, daß viele Zeitungen nur noch ankündigen und ganz selten auch Konzerte durch Kritik nachbereiten, kommt solchen schlechten Kritiken natürlich noch mehr Aufmerksamkeit und schadet dadurch den Künstlern.
Lieber Klemm, sag bitte deinem Webdesigner, dass es eine sauschlechte Idee ist, in einem Eingabefeld den Cursor nur als klitzekleinen Punkt darzustellen .... ;=(
Bedenkt man, daß viele Zeitungen nur noch ankündigen und ganz selten auch Konzerte durch Kritik nachbereiten, kommt solchen schlechten Kritiken natürlich noch mehr Aufmerksamkeit und schadet dadurch den Künstlern.
Lieber Klemm, sag bitte deinem Webdesigner, dass es eine sauschlechte Idee ist, in einem Eingabefeld den Cursor nur als klitzekleinen Punkt darzustellen .... ;=(
klemmdirigiert - 2008-07-16 21:54
hier im weblog? das liegt wohl an der Farbe - ich leide selber darunter...
Connie (Gast) - 2008-07-16 22:52
ja, das Kommentar-Formular
ist extrem schlecht gemacht, irgendwas muss den Cursor verbogen haben...
hab versucht herauszufinden woran es liegt, dass man den Cursor im Kommentarfeld nicht sieht, ist mir aber nicht gelungen...
das nennt man wohl "usability" auf neu2.0-deutsch ;=)
Gruss aus Hamburg, Connie
hab versucht herauszufinden woran es liegt, dass man den Cursor im Kommentarfeld nicht sieht, ist mir aber nicht gelungen...
das nennt man wohl "usability" auf neu2.0-deutsch ;=)
Gruss aus Hamburg, Connie
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