17
Okt
2010

Grusswort zur Eröffnung des Hauses Rampische Str. 29, das unter Federführung der Gesellschaft Historischer Neumarkt in Dresden und der Kulturstiftung Historisches Bürgerhaus unter historischen Aspekten neu errichtet wurde und nun als Domizil für Musikstudenten, Gastprofessoren, für das Büro des Landesbischofs und ein Café zur Verfügung steht

Rampische-29

Gespräche mit Geistern der Vergangenheit haben Konjunktur. Bei jedem Kinobesuch bekommen wir mehrere Trailer zu diesem Thema vorgeführt. Sie nerven und ich habe sie stets mit Ignoranz gestraft.

Seit ich in der Nähe des Großen Gartens in Dresden wohne, kommen Zweifel an dieser Haltung auf. Bei der Vorstellung, Clara und Robert Schumann könnten die gleichen Wege unter den immer noch gleichen Bäumen entlang gegangen sein, gar die Gewissheit, der „Faust-Szenen“ dritten Teil am unmittelbar gleichen Platz dirigiert zu haben (dem Palais in der Mitte des Parks), weckt neuerdings mehr Verständnis für die Gespräche mit dem Gestern…

Im Falle der Rampischen Straße 29 ist diese Vergangenheit eine sehr bewegte aus Aufbruch, Zerstörung, Abbruch der Reste und Neuaufbau. Die Geister Dresdner Komponisten hingegen sind allgegenwärtig: Schütz hat 500 m von hier im Schloss musiziert, Schumann 800 m in die andere Richtung gewohnt (Waisenhausstraße) und gegenüber im Palais Hoym Chorgesänge geprobt, Weber und Wagner in der Oper dirigiert. Direkt hier in den Gassen gab es 1849 das Zentrum der revolutionären Ereignisse, die Straßen waren mit Leichen übersät – Schumann floh nach Maxen, weil er das Leid nicht sehen konnte; Wagner wurde steckbrieflich gesucht und floh aus der Stadt, in der wichtige Teile seines Œuvres uraufgeführt, komponiert und skizziert wurden.

Nach den Zerstörungen von 1945 dauerte es lang – doch nun sind die Geister wieder erwacht. Auf 156 Quadratmetern Grundfläche gibt es 650 Quadratmeter Platz. Ich stelle mir das vor wie eine mehrchörige Partitur von Heinrich Schütz. Das Haus als mehrchöriger Psalm, jede Etage ein Chor für sich – jede Stimme aber könnte die Biografie der Bewohner sein. Ein internationales Gemisch von Musikstudierenden, Gastprofessoren, die dem Büro des Landesbischofs in der 1. Etage und dem Café im Erdgeschoss den Marsch blasen…

Ich wünsche bestes Gelingen und wünsche ein herzliches Willkommen!
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Weblog des Dirigenten Ekkehard Klemm, Dresden

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