6
Nov
2006

Ehre, wem Ehre gebührt

Biermann

Schöner und realistischer Artikel über eine Ära in SPIEGEL-online.

Ich war damals 17 und leider zu grün, um die Tragweite der Dinge zu erfassen: zudem verhinderte meine recht klassische Ausbildung die Kenntnis des Liedermachers Biermann. Erst danach wurde mir bewußt, was da vorging. Vor allem die Namen Christa Wolf, Krug, Heym, Becker, Kunert und Kunze prägten sich ein und waren fortan - was die Literaten betrifft - Dauerbrenner.

5
Nov
2006

in eigener Sache...

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Diese Woche ein Dirigierseminar mit zwei hochbegabten jungen Leuten.

Mehr dazu hier.

31
Okt
2006

Zwei zornige Pamphlete

Einmal von Biermann, zum anderen in der taz von heute.

Beide anregend, wenngleich durchaus gegensätzlich.

24
Okt
2006

Schumann, NACHTLIED, nach Hebbel

CDF

Robert Schumann, NACHTLIED


Die Nacht spielt in der romantischen Kunst eine besondere Rolle, ist Erfahrung von Tiefe ebenso wie Furcht vor dem nicht zu Fassenden, Dunklen, Endlosen – vor dem Abgrund der Seele.

Es war, als hätt' der Himmel die Erde still geküßt, heißt es bei Eichendorff, von Schumann kongenial vertont: ein schwebender Ton, scheinbar ohne harmonische Bindung; einen Ton darüber beginnt die Melodie, steigt bis zum Himmel, berührt kurz den Ausgangston, um danach einen Ton 'unter dem Himmel' neu anzusetzen und sich nach unten zu schwingen – was für ein Einfall!

Auch Webers Agathe besingt die Nacht auf eine Art und Weise, die uns die Bilder Caspar David Friedrichs direkt vor Augen führt. Hier wie dort ist die Nacht Ort des Aufblickens: zu den Sternen, zum Mond, zu Gott. Der Himmel der Natur als Fluchtpunkt des einsamen romantischen Menschen und als Ort des göttlichen Erlebens: aus dem Anblick des Nachthimmels erwächst das Gebet Agathes. Und aus beidem speist sich die Hoffnung auf Max' Erscheinen, die Vision ihrer Liebe, die wenig später so herb enttäuscht wird, weil der Geliebte nicht dem Himmel, sondern in seiner Verzweiflung der Finsternis zuneigt – die Wolfsschlucht erzählt eindrücklich davon.

Schumanns NACHTLIED nach einem Text von Hebbel beginnt beinahe bizarr, harmonisch und motivisch indifferent. Aus dem musikalischen 'Nebel' schälen sich die ersten Gesangseinwürfe Quellende, schwellende Nacht – auch diese verteilt auf verschiedene Stimmgruppen und gleichsam im Raume schwebend. ...voll von Lichtern und Sternen wird danach eher harmonisch-melodisch ausgedeutet, nur einige Streicher-Tremoli und Bläser-Staccati setzen Farbtupfer illustrierender Art. Steigendes, neigendes Leben, riesenhaft fühle ich's weben – mit großen Oktavsprüngen schreitet das Werk fort, gewinnt an Tempo. Aber Schumanns Nacht ist an dieser Stelle nicht bedrohlich; er erlebt sie gewaltig, erschauernd auch, das beengte Herz jedoch wird durch die Nacht weit gemacht, das Moment der Befreiung ist stärker.

Mit einer fast identischen Figur zum eingangs zitierten Lied senkt sich der Schlaf herab. Beinahe auf Webern vorgreifend werden Einzeltöne und Akkorde nach- und übereinandergeschichtet. Der Chorsatz bleibt zerklüftet bis fast zum Schluß: ziehst du den schützenden Kreis ist ganz eindeutig ein Zitat Mendelssohns, der sein berühmtes O Täler weit, o Höhen bei den Worten schlag noch einmal den Bogen um mich du grünes Zelt mit denselben Wendungen beschließt.

Der Ansatz des Stückes ist geradezu revolutionär, mindestens aber experimentell – das Stück entstand 1849! Aber es ist eine Revolution von innen, aus der Tiefe des Geistes, der romantischen Inspiration und des philosophischen Ausdeutens her. Schumann findet jene Farben, Klänge und Strukturen, denen wenig später Brahms durch seine Verortung in der klassischen Form und der Kontrapunktik Bachs den Hauch des völlig Neuen nimmt. "Neue Bahnen" attestierte Schumann dem jungen Kollegen – Schumann selbst entwarf sie, Brahms konnte auf ihnen gehen.

20
Okt
2006

Vorschau

Die morgige Aufführung des DEUTSCHEN REQUIEM von Brahms zusammen mit Schumanns NACHTLIED (nach einem Text von Hebbel) läßt den Blick etwas vorausgehen:

21.10.06 Lukaskirche Dresden, 16.30 Uhr
Schumann, Nachtlied
Brahms, Ein deutsches Requiem
Singakademie Dresden, Sächsische Staatskapelle

04.11.06 Haus der Kreuzkirche, 20.00 Uhr
Einführungssoiree mit Aufführung der Suite nach Texten Michelangelos von D. Schostakowitsch
Vortrag DAS VERMÄCHTNIS DER JUBILARE (Dr. F. Streller)
Künstlergespräch mit Stipendiaten des Dirigentenforums des Deutschen Musikrates
Solist: Egbert Junghanns

05.11.06 Kreuzkirche Dresden
Schumann, Requiem
Mozart Requiem
DirigentInnen: Shi-Yeon Sung, Markus Landerer
Singakademie Dresden, Orchester der Landesbühnen Sachsen
(Abschlußkonzert eines Dirigierseminars unter meiner Leitung)

21.11.06 Gärtnerplatz München, 20.00 Uhr
Schnebel, MAJAKOWSKIS TOD

22.11.06 Semperoper Dresden, 11.00 Uhr
Matinee des Hochschulsinfonieorchesters
Bartók, Tanzsuite
Crussel, Fagottkonzert
Lutoslawski, Cellokonzert
Strauss, Walzerfolge Rosenkavalier

22.11.06 Dom zu Wurzen, 17.00 Uhr
Schumann, Requiem
Mozart, Requiem
(Wiederholung vom 5.11. unter meiner Leitung)

25.11.06 Gärtnerplatz München, 20.00 Uhr
MAJAKOWSKIS TOD

26.11.06 Schwarzenberg, Kirche, 17.00 Uhr
Schumann, Requiem
Mozart, Requiem

02.12.06 Kleines Haus Dresden, 20.00 Uhr
Wilfried Krätzschmar, Michael Wüstefeld SCHLÜSSELOPER, Uraufführung
Produktion der Hochschule für Musik Dresden, Regie: Andreas Baumann

17.12.06 Lukaskirche Dresden, 17.00 Uhr
Bach, Magnificat (Fassung in Es-dur)
Weiss, Confessio Saxonica, Uraufführung
Singakademie Dresden, Sinfonietta Dresden

9
Okt
2006

DAS PARFÜM

ist ein langweiliger, teilweise schön anzusehender Film (Landschaften, Lavendelfelder u.ä.). In furchtbarer Vorhersehbarkeit zieht sich gegen Ende eine Massenhysterieszene endlos dahin - man weiß leider beim ersten Augenschein schon, daß sich nun alle nackt ausziehen usw., was aber eben sehr lange dauert, schließlich handelt es sich ja um eine Vision in Zeitlupe...

Alles ganz grausam. Warum aber in aller Welt muß Tom Tykwer auch noch für die geschmacklose Musik verantwortlich zeichnen, für diesen entsetzlichen Brei aus dur-moll-Gesäusel, einfallslos, kitschig und natürlich harfenparfümiert (dieses wunderbare Instrument muß viel leiden, wenn es um Winde, Düfte oder dergleichen geht...) - und warum in aller Welt geben sich die Berliner Philharmoniker und Sir Simon für solchen Dusel her?

Unfaßbar peinlich.

7
Okt
2006

Hochschulwettbewerb Dirigieren

Morgen beginnt ein sehr anspruchsvoller Wettbewerb, den wegen der verschiedenen Jubiläen (150 Jahre Hochschule für Musik, 800 Jahre Dresden) die Dresdner HfM Carl Maria von Weber ausrichtet.

Nähere Infos hier.

Wer diese 3 Runden erfolgreich meistert, kann einigermaßen dirigieren...

3
Okt
2006

"Das Abschlagen von Köpfen ist nicht trivial"

Idomeneo

Manch eine/r hatte hier einen Kommentar erwartet zum Berliner IDOMENEO-'Skandal' (wahlweise Desaster, Debakel o.ä.).

SPIEGEL-online informiert jetzt über eine Debatte dazu. Die Zitate des evangelischen Bischofs aus dieser Debatte machen mich ein wenig nachdenklich: "Jesus, Mohammed und Buddha haben neben Poseidon nichts zu suchen" - das mag aus religiöser oder religionsgeschichtlicher Sicht richtig sein, für den gewöhnlichen Atheisten oder den nach Bildern suchenden Künstler ist das völlig egal: Gott bleibt Gott. Auf der Bühne theologisch einwandfreie Sinnzusammenhänge zu erwarten, würde die Kunst nun ganz und gar abschnüren. Die Sensibilität gegenüber Moses hatte H. M. Broder unlängst schon als säkularisierter Jude beleidigt registriert - da hat Neuenfels wohl gekniffen...
Das andere Huber-Zitat - Das Christentum habe in einem langen Prozess Abstand von der Gewalt gewonnen, "das Abschlagen von Köpfen ist nicht trivial, auch wenn die Köpfe aus Pappe sind", diese "Leidensgeschichte" habe der Islam noch vor sich. - ärgert mich nun wieder wegen der darin implizierten Überlegenheitsattitüde des Christen gegenüber dem Islam.

Zur Verteidigung von Intendantin Harms muß gesagt werden: wäre etwas passiert, wäre sie auch juristisch mit allen Konsequenzen zur Verantwortung gezogen worden - denken wir nur an die bedauernswerten Fluglotsen vom Bodensee oder die armen Schw..., die jetzt den Unfall des Transrapid ausbaden müssen. Intendant heißt eben nicht nur, für die Kunst verantwortlich zu sein. Daß eine andere Entscheidung wünschenswert gewesen wäre - wer wollte es leugnen?

In meiner Münchner ENTFÜHRUNG habe ich angeregt, den Schlußgesang "Wer dieses nicht erkennen kann, den seh' man mit Verachtung an" abzubrechen: vornweg ist von Osmins andauernden Rachegelüsten die Rede und von der Güte des Bassa Selim. Der Muselmann Osmin soll also mit Verachtung angesehen werden, weil er nix kapiert hat. Mozart war seinerseits nicht zimperlich. Unserer abgebrochenen und damit das happy-end verweigernden Version (Konstanze bleibt die Melodie beim Wort Verachtung im Halse stecken, mehr nicht; ohne Köpfe, Blut oder Schüsse) wurde damals vorgeworfen, die "Glückssicherheiten von Mozarts Seelenmusiken" verraten zu haben. Irgendwie fühle ich mich durch die aktuelle Debatte bestätigt.

In dieser Saison darf ich übrigens auch 4x den IDOMENEO geben - in einer überirdisch schönen Version, was die Bühne betrifft; vielleicht zu harmonisch? (Bild sh. oben, Daten: Samstag, 31. März 2007 19.00 Uhr
Sonntag, 08. April 2007 19.00 Uhr
Samstag, 19. Mai 2007 19.00 Uhr,
Samstag, 07. Juli 2007 19.00 Uhr)
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