29
Sep
2006

a-cappella-Konzerte mit der Singakademie Dresden in Wechselburg, Dresden und Meißen

(mehr unter Singakademie Dresden)

MOZART und DRESDEN
- ein a-cappella-Programm zum Jubiläum Dresdens und Mozarts 250. Geburtstag

Der im Jahr 1756 geborene Mozart hat unzählige Werke hinterlassen: Opern, Sinfonien, Messen, Sonaten, Quartette... Zu den am wenigsten bekannten Werken gehören einige Kanons. Am verbreitetsten ist noch die Ansicht, daß mit einigen Kanons Mozart Schabernack getrieben hat, daß es hingegen auch einige geistliche gibt, dürften nur die wirklichen Enthusiasten wissen.

Mozarts geistliche Kanons sowie ein harmonisch aufregender Kanon über das Ende einer Nachtigall entstanden zu ganz unterschiedlichen Zeiten: das Kyrie KV 89 - wahrscheinlich 1770 in Rom komponiert – gehört zu den Jugendwerken, das Alleluja sowie ein Ave Maria (KV 553/554) sind Werke des reifen Meisters (ins Werkverzeichnis 1788 eingetragen). Der Verleger Härtel hat dem Kanon KV 229 Ludwig Christoph Heinrich Höltys "Auf den Tod einer Nachtigall" unterlegt.

Die Stücke sind nur ein winziger Mosaikstein von Mozarts Schaffen – aber auch hier sind seine Originalität und sein Ideenreichtum besonders ausgeprägt. Er spielt mit besonders komplizierten Formen kanonischen Komponierens sowie mit vertrackten harmonischen Strukturen und reizt die Gattung aus bis zur Belastungsgrenze.

Diese Kleinode bilden den Rahmen unseres Programmes, das ansonsten Werke aus der Jubiläumsstadt Dresden beinhaltet: Motetten und a-cappella-Sätze der 800-jährigen Stadt – vor allem solche, die etwas abseits der bekannten Musikgeschichte liegen, die mit Dresden zunächst die Namen Schütz, Weber, Wagner und Strauss verbindet.

Mauersbergers Geistliche Sommermusik entstand 1948. Sie gehört zu einer Reihe von Werken, die der berühmte Kreuzkantor (1889 – 1971) in der Zeit der Not für seinen Knabenchor schrieb. Sie folgte der kürzlich durch die Singakademie Dresden aufgeführten Lukas-Passion und ist wie diese ein groß angelegtes a-cappella-Werk, aus dem heute einige Ausschnitte erklingen. Es sind weitgehend homophon gehaltene Sätze nach Texten von Paul Gerhardt, Gerhard Tersteegen sowie Zitaten der Bibel.

Von Domkantor Andreas Weber kam die Anregung, den in Meißen geborenen Paul Umlauft (1853 – 1934), der später lange Zeit in Dresden und Leipzig wirkte, mit einigen Stücken zu bedenken. Die im Stile der Romantik geschriebenen Stücke erinnern an Schumann oder Mendelssohn. Besonders eindrucksvoll ist der größer angelegte Satz Lied des Einsiedels nach Simplicius Simplicissimus.

Wesentlich öfter sind in letzter Zeit die Werke Gottfried August Homilius' zu hören. Homilius studierte Musik in Leipzig und war dort Schüler von Johann Sebastian Bach. Ab 1742 war er Organist an der Dresdner Frauenkirche und ab 1755 bis zu seinem Tode Kreuzkantor und Musikdirektor an den drei Hauptkirchen von Dresden; Hauptwirkungsort von Homilius war die Dresdner Frauenkirche, nachdem die Kreuzkirche 1760 durch preußische Truppen zerstört und ihr Neubau erst 1792 geweiht wurde. Sein Vater unser ist besonders harmonisch ein interessantes 4-stimmiges Werk mit abschließendem Fugato. Die beiden anderen Stücke erinnern deutlich an die großen Motetten Bachs.

Mit dem Namen Schumann verbindet man zunächst die Städtenamen Zwickau, Leipzig oder Düsseldorf... Daß ein Großteil der bedeutendsten Werke Schumanns in Dresden entstanden sind, ist nicht allzu bekannt: u.a. das Klavierkonzert, die 2. Sinfonie, die FAUST-Szenen sowie auch mehrere Chorwerke ohne Orchester. Schumanns Dresdner Gesangsverein kann als eine Art Vorläufer der heutigen Singakademie bezeichnet werden und verfügte offenbar über erhebliche Qualitäten. Für diesen Chor entstanden die Gesänge op. 141, in denen sich auch Talismane findet, ein doppelchöriges Werk nach Goethes Text Gottes ist der Orient.

25
Sep
2006

"So wäre es an der Zeit, sich darauf zu einigen, das Eigene mit dem anderen zu verteidigen. Wer seinen orthodoxen Glauben erhalten will (ob Muslim, Jude oder Christ), muss mit dem Atheisten gemeinsam für eine säkulare Ordnung ringen - denn nur in diesem geschützten Rahmen lassen sich die religiösen Verschiedenheiten leben. Wer seine Ungläubigkeit erhalten will, muss mit dem Religiösen für die Glaubensfreiheit streiten, denn nur so lässt sich die Vielheit der Lebensformen aushalten. Wessen Glaube abweichende Überzeugungen nicht ertragen kann, der ist nicht gefestigt im Glauben. Wessen Atheismus traditionelle Gläubigkeit nicht ertragen kann, der ist nicht frei von Orthodoxie. Wessen Feminismus gläubige Frauen nicht akzeptieren kann, der ist nicht für die Selbstbestimmung der Frau. Wessen Toleranz nur die Toleranz Gleichgesinnter meint, der ist nicht tolerant. Wessen Glaubensfreiheit nur den eigenen Glauben meint, der gestattet keine Freiheit. Wessen Überzeugung keine Kritik aushält, der hat keine guten Gründe für die eigene Überzeugung. Wessen Selbstbild sich nur mit Beleidigung anderer stärkt, der traut sich nicht viel zu."

...sagt Carolin Emcke im Spiegel mit beeindruckender Klarheit.

Sie schließt sich anfangs den Verteidigern der Papstrede an und deutet dessen Intentionen als innerchristlich ausgerichtet. Genau dort habe ich einen anderen Eindruck. Ist die Vorlesung wirklich so 'filigran' gewesen? Mir schien, daß da durchaus auch Ideologie zelebriert wurde - im intellektuellen, von mir aus filigranen Gewand.

24
Sep
2006

Déjà-vu...

Typisches Déjà-vu-Erlebnis beim gestrigen Konzert der phantastischen Jungen Deutschen Philharmonie in Dresden: ein wunderbares Stück von Aribert Reimann zu Beginn, einige "Cluster und Klangsplitter" (der Dirigent Marc Albrecht) - und schon herrscht in Dresden Unruhe im überwiegend mit Senioren gefüllten Saal. Anfang der 80-er Jahre hießen die 'Skandal-Komponisten' Manfred Weiss (Violinkonzert), Wilfried Krätzschmar (1. Sinfonie) oder P. H. Dittrich (Stücktitel weiß ich nicht mehr genau). Nur Fritz Geißler mit seiner rückwärtsgewandten 9. Sinfonie (unter Herbert Kegel) wurde bejubelt (und bekam von mir ein Buh).

Die Dresdner... restaurieren, barockisieren, wölben grün und golden ihre Schätze und wachen streng, daß ja keine häßliche moderne Brücke den Blick aufs Städtchen verbaut (warum haben sie dereinst eigentlich das wirklich stählern-undurchsichtige Blaue Wunder zugelassen, das ja heute wohl zum Welterbe dazugehört...?!?)

Man kann und muß sie für das alles lieben - wie man manchmal daran verzweifeln könnte: die ehrwürdige Staatskapelle beendet ihre diesjährige Saison in Sachen zeitgenössische Musik etwa im Jahr 1945 mit dem Komponisten Bartók, die Dresdner Philharmonie schmückt sich mit etwas Schnittke, einem süffigen Cantabile von P. Vasks und dem Stück von Reimann - sh.o. - das noch dazu ein Gastorchester spielt (und 11 min. dauert). Daß bei dieser Programmpolitik die Zuhörer bei Reimann quatschen und unruhig sind, wundert mich nicht.

Kollegen - möchte ich den mein Blog sicher nicht lesenden Verantwortlichen zurufen: wollen wir uns auch mal um die Werte UNSERER ZEIT kümmern?

Danke also an Marc Albrecht und seine Truppe, die auf ihrer Tour auch noch die UA eines Stückes von Kaija Saariaho im Gepäck hatte (in Frankfurt und Leipzig zu hören - ein sehr farbiges, fast impressionistisches Stück; in Leipzig hören die Leute besser zu - aber es kommen zu wenige: das Gewandhaus war zu einem Drittel gefüllt).


"Robert Schumanns letztes Thema, kurz vor dem Ausbruch der Krankheit zu Papier gebracht, leuchtet hinein in Reimanns Katastrophen-Musik, in diese Cluster und Klangsplitter - für die Apokalypse glaubwürdige Klänge zu finden ist ja ohnehin Reimanns große Kunst, das macht ihm keiner nach. Plötzlich wird in diesen Stücken ein Fenster geöffnet und es wehen Schumanns Es-Dur-Klänge wie aus einer anderen Welt herein. Und sorgen für Ruhe, für Ausatmen, schaffen eine Insel des Vertrauens. Schon damals überkam mich dieses Gefühl: Man ist gestresst von der Musik, körperlich angegriffen, und spürt dann dieses Licht. Ein großartiges Stück!"

(M. Albrecht im Interview)

Nix hinzuzufügen!

23
Sep
2006

na endlich...

...kommt etwas Bewegung
in die Debatte.

Unfehlbar?

Diesem Artikel folgend wäre nur noch hinzuzufügen, daß Benedetto seit einiger Zeit der erste Papst ist, den man wieder als fehlbar bezeichnen kann - wie sonst wären die korrigierenden, entschuldigenden, beschwichtigenden Statements aus Rom zu deuten?

Merkwürdig, wie das "Wir sind Papst"-Gefühl das gesamte deutsche Feuilleton ergreift und den Oberhirten in Schutz nimmt. Nur wenig Widerspruch bisher. Zitieren wird ja wohl noch erlaubt sein usw. usf. Zitieren warum und wofür - diese Frage hat mich mehr beschäftigt und beim Lesen der Rede ergriff mich Unwohlsein. Denn daß der Papst nach einer kurzen Einleitung mit dem umstrittenen Zitat beginnt und seine Vorlesung auch wieder mit einer unmißverständlichen Aufforderung endet (" „Nicht vernunftgemäß, nicht mit dem Logos handeln ist dem Wesen Gottes zuwider“, hat Manuel II. von seinem christlichen Gottesbild her zu seinem persischen Gesprächspartner gesagt. In diesen großen Logos, in diese Weite der Vernunft laden wir beim Dialog der Kulturen unsere Gesprächspartner ein. Sie selber immer wieder zu finden, ist die große Aufgabe der Universität."), verortet das Gesagte eben doch sehr genau als an die Adresse des Islam gerichtet. Dagegen wäre nichts zu sagen: aber die Gewalt des Christentums völlig zu umgehen - das ist für mich die eigentliche Katastrophe der Rede. Warum hat Benedikt nicht gesagt: 'wir Christen und wir als katholische Kirche haben mit der von uns ausgeübten Gewalt unendliches Leid gebracht und gesündigt. Ist es das, warum wir uns gegenseitig nicht verstehen?'

Daß nun so getan wird, als sei das alles hoch wissenschaftlich und die Anregung eines Intellektuellen - ich weiß nicht so recht. Es war weiß Gott mehr Bla Bla zu lesen als substanzreiche Auseinandersetzung, von Kritik ganz zu schweigen.

Über das Folkloristische der im Papa-Mobil umherfahrenden 'Monstrans' schweigen wir lieber stille, das hat weder mit Vernunft noch mit Glauben was zu tun - und das von beiden Seiten: des Fahrenden wie der Schauenden...

3
Sep
2006

"methodischer Pessimismus"

- den konstatiert eine Kritik bei der Autorin SYBILLE BERG (schöne Website - schwarz und humorvoll). Sie schließt Jugend und Kunst voneinander aus - ich war mit meinen enthusiastischen Besuchen von MOSES UND ARON (Schönberg) oder ungezählter Konzerte ganz offensichtlich ein verzogenes Gör:

Theater ist für die Generation der Eltern, ist kein Kino, ist Anstrengung, unbequemes Gestühl und meist Langeweile. Junge Menschen, die sich für Kunst interessieren, sind verzogene Gören, denn Jugend und Kunst gehören nicht zusammen. In der Jugend entdeckt man das Leben, und dessen Kürze ist einem noch nicht klar. Man ist am Suchen nach Realität. Und die hat mit Kunst nichts zu tun. Kunst ist die Suche nach dem gnadenvollen Augenblick, nach dem Vergessen der Sterblichkeit, ist Suche nach Trost und geriatrisch unkörperlichem Orgasmus. Theater kann Kunst sein. Kunst hat nichts mit einem tiefen Anspruch zu tun, wer will den definieren, Komödien können Kunst sein, Satire kann Kunst sein, wenn sie im aufrechten Bestreben, in der Suche nach einer höheren Wahrheit entstanden ist.


Suche nach Trost und geriatrisch unkörperlichem ... - so alt ist doch die Berg noch gar nicht, jünger als ich jedenfalls?! Der Bruder, wenn mich nicht alles täuscht, wirkt recht erfolgreich als GMD in Dessau.

Mehr hier.

eine Stimme, die überzeugend klingt:

Etgar Keret in der ZEIT online:

"Dieser Krieg ist kein böser Traum. Er ist eine böse Wirklichkeit, zu der uns die unaufhörlichen Katjuschasalven mit einem schmerzhaften Hochschrecken geweckt haben. Irgendwo im Unterbewusstsein haben wir gehofft, uns am Ende rein und frisch wie ein Baby wiederzufinden, dass dieser so sehr gerechte Krieg alle unsere Krankheiten heilen würde, uns nach Jahren permanenter gesellschaftlicher Krisen und Korrumpiertheit zu einem einsichtigen, starken Volk zusammenschweißen würde. Doch Krieg ist kein Heilmittel, sondern nur der Spiegel einer vorhandenen Wirklichkeit. Und die Wirklichkeit, die der gegenwärtige Krieg widerspiegelt, ist weit davon entfernt, schmeichelhaft zu sein. Wenn es etwas gibt, das wir jetzt tun müssen, dann ist es, ehrlich der Zerstörung unseres alten kollektiven Selbstbildnisses ins Auge zu sehen und die Überheblichkeit, die an der Wiege stand, gegen Anteilnahme, Empathie, Achtung gegen den Anderen und ein wenig Bescheidenheit auszutauschen.

Denn der gegenwärtige Kampf wird schließlich nicht der letzte sein, an dem wir beteiligt sind, wie unser Freund, der iranische Präsident, uns bereits versprochen hat. Und damit wir als Gesellschaft den Konfrontationen der Zukunft standhalten können, wird es nicht genügen, uns mit noch mehr Waffen und Munition auszustatten, sondern wir werden auch das verarmte Lager der menschlichen Werte aufzurüsten haben, die für unser Bestehen nicht weniger notwendig sind."

1
Sep
2006

ohne Titel

Merkel-im-U-Boot

(notabene die mächtigste Frau der Welt)

31
Aug
2006

nochmal Israel

Es sei hier nochmal betont, daß die Debatte neulich keinesfalls die Bomben auf den Libanon gutheißen sollte - mich störte der ungehemmt aufflammende Affekt gegen Israel und die Juden.

Nach etwas Urlaub scheint die Problematik ja richtig Fahrt aufgenommen zu haben. Zu Domkumentationszwecken nur einige Ausschnitte:

J. Gaarders Artikel ist an Torheit nicht zu übertreffen: Wir glauben nicht an die Idee eines von Gott auserwählten Volkes. Wir lachen über die Hirngespinste dieses Volkes und weinen über seine Untaten. Als Gottes auserwähltes Volk zu handeln ist nicht nur dumm und arrogant, sondern ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit.

Hat Israel den Libanon wegen seiner Auserwähltheit angegriffen? Habe ich da was übersehen oder überhört?

Irene Dische ruft daraufhin: "Es reicht" (nur gegen Bares im Spiegel-Archiv zu bekommen) und verweist darauf, wie sie im Libanon mit "Heil Hitler" gegrüßt wurde und daß in libanesischen Lehrbüchern Israel als Staat ohnehin nicht existiert, was bisher niemanden der Libanon=Schweiz-des-Nahen-Ostens-Apologeten gestört zu haben scheint.

Nachdenklich sollte die Stimme György Konráds machen: Europa hat die Juden um die Zeit des Zweiten Weltkriegs verstossen und einem Teil von ihnen angeboten, heimzukehren ins Heilige Land, jedenfalls weg von hier. Und jetzt sehen die braven Europäer, dass sich die Kinder und Enkel der Juden aus dem Nahen Osten nicht auch vertreiben lassen. Das verblüfft sie derart, dass sie jedenfalls für die Araber Partei ergreifen und gegen die Israeli Stellung beziehen. Den ermordeten Juden steht ein Denkmal zu, doch die am Leben gebliebenen sollen nicht zurückschiessen und auf einen Sieg verzichten. Das professionelle Opfer darf bestimmungsgemäss nie siegen.

- zu finden in der nzz.

Der wunderbare Daniel Barenboim wird gefragt:

Warum können israelische und palästinensische Musiker zusammen musizieren, aber nicht zusammen leben?
und antwortet:
Weil die Realität keine Partitur hat. In der Musik muss man sich ausdrücken – und zugleich aufeinander hören. Alle diese Gesetze gelten nicht in der Realität, aber bei uns: Wir sind eine eigene kleine Republik.

Nur ein paar Stimmen aus dem Gewirr der vielen.

30
Aug
2006

Zwiebel-Quiz

Zwiebelfischraetsel

Pfui Teufel, nur 45 Punkte im Zwiebelfischrätsel.

"VOLVER"

Almodovar-etc-1

Da ist der fulminanten Truppe um Almodóvar tatsächlich ein Meisterwerk gelungen! Ich bin ganz begeistert gewesen und habe das Gefühl, seit langem mal wieder etwas gesehen zu haben, was man einen 'tollen Film' nennt. Sogar die mich sonst so nervende Musik war diesmal hervorragend (Alberto Iglesias). Fantastische Bilder, berührende, auch spannende Geschichte, herrliche Mimik - und dabei alles sehr realistisch und im Heute angesiedelt (die Armee der spanischen Windräder inklusive...).

Auch TSOTSI ist ein hervorragender Film, der lediglich gegen Ende - leider auch durch die dort schwächer werdende Musik - etwas süßlich wird. Ich erinnere mich, daß der Eminem-Film 8 MILE da etwas konsequenter war - aber ich kann mich täuschen. Die Synchronistaion von TSOTSI wirkt im Übrigen etwas schülerhaft - das haben anständige deutsche Jungs gesprochen, die die Realität Südafrikas offensichtlich nicht erahnen können...?

H.W.H.

Henze

„Enigma“ heißt ein Gedicht Ingeborg Bachmanns: „H.W.H. aus der Zeit der Ariosi“. Die Dichterfreundin hatte ein Zimmer hier, kaum ein Sims oder Tischchen kommt ohne ein Foto von ihr aus. Beim Abschied lässt Henze es sich nehmen aufzustehen. „Un bacio“, bittet er, und es ist klar, wer hier am Ende wen küsst. Glücklichere Augen hat Ciampino nie gesehen.


DAS ist nun wirklich das Dokument einer besonderen Begegnung. Nicht ganz so krass habe ich meine Begegnung mit HWH im Münchner Hotel "Vier Jahreszeiten" vor etwa 5-6 Jahren in Erinnerung. Wir (der Regisseur Jochen Schölch, der Dramaturg Konrad Kuhn und ich) saßen mit dem Maestro in der Lobby und suchten Klarheit über Stück und Idee der ENGLISCHEN KATZE, an der wir laborierten. Henze wirkte weise, zurückhaltend, informierte zögernd, wirkte bisweilen abwesend wie in anderer Welt. Pünktlich nach einer Stunde beendete Fausto das Gespräch.

Eine eindrückliche, zugleich eine verstörende Begegnung.

Merkwürdigerweise mußte ich beim Musizieren der komplizierten Partitur des ehemals Linken und Kommunisten Henze oft an Richard Strauß denken: sehr klassisch orientiert, sehr sanglich, schwer über die Maßen (50 Ensembleproben 7 Wochen lang!), etwas wuchernd im Orchestersatz, üppig, mitunter weitschweifend, immer einem verästelten Satz auf der Spur... - eine sehr bürgerliche Musik: nicht die pointiert-dialektische Kürze des Altmeisters Dessau, nicht das Aufrührerisch-Widerborstige eines Lachenmann oder Schnebel, weit entfernt auch von der Konsequenz und Sperrigkeit des Henze-Freunds Nono.

Aber imponierend in Idee und Größe der Ausführung. Der vorerst letzte große deutsche Sinfoniker, der vorerst letzte große deutsche Opernkomponist in Personalunion. Unfaßbar wie die Begegnung mit ihm.
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