29
Mai
2007

Konzert am Samstag

brundibar_hagibor

Der Abend mit Dr. Michaela Vidláková aus Prag, die als 6-jähriges Mädchen die obige Aufführung in den Mauern des Ghettos Theresienstadt miterlebt und uns am 22. Mai davon und über vieles andere berichtet hat, klingt noch in uns nach - hier ein kleiner Vorausblick für unser Programmheft:

Verehrte Zuschauerinnen und Zuschauer,


zu dem heutigen Konzert darf ich Sie allen Ernstes so begrüßen, denn seit langem wird es neben zu Hörendem auch etwas zu Schauendes geben: in der szenischen Einrichtung von Christiane Kapelle stellt der Kinderchor die Oper BRUNDIBAR von Hans Krása vor, ein Stück, dass in dieser Version auch schon auf der USA-Reise im Februar aufgeführt wurde. In vielen Proben und einigen Zusatzveranstaltungen haben sich die jungen Leute dem Stück und seiner besonderen Geschichte genähert: sie besuchten die Synagoge in Dresden und trafen in Michaela Vidláková eine Zeitzeugin, die als Sechsjährige Aufführungen des Werkes in Theresienstadt selbst miterlebt hatte.

Um junge Leute geht es uns heute abend ganz besonders. Neben dem Kinderchor begrüßen wir einige ehemalige Kruzianer, die die hohen Stimmen unserer älteren Mädchen zum gemischten Chor in Carissimis JEPHTE runden und teilweise auch Purcells DIDO mitsingen. Aber auch am Pult stehen heute die jüngeren Leute – fördern und fordern wollen wir nicht als Floskel benutzen, sondern ernst nehmen und den Weg des Dirigierseminars im letzten Herbst fortsetzen.

Der Kontrast der 3 Stücke hat uns besonders gereizt! In einer Zeit, in der Selbstmordattentäter Angst und Schrecken verbreiten und der SPIEGEL aktuell den Kreuzzug der neuen Atheisten beleuchtet (Titel: Gott ist an allem schuld) werfen wir den Blick

- auf einen alten biblischen Stoff, in dem eine erstaunlich brave Tochter den idiotischen Schwur des Vaters nicht in Frage stellt, dagegen der Komponist uns einiges mitteilt über seine Sicht
dieser alttestamentarischen Grausamkeit

- auf ein Stück, das Kindern und Erwachsenen vorgespielt wurde, die samt den Ausführenden anschließend fast ausnahmslos ins Gas geschickt wurden

- auf die ehemals phönizische Prinzessin Dido, die – leidgeprüft durch Krieg und Gewalt – ein letztes Mal sich verliebt: in einen Kriegsherren, der schließlich die Erfüllung seiner militärischen Pflichten über jene der Liebe stellt...

Und all das tatsächlich unter Berufung auf Götter oder Ideologien.

Die Musik erzählt uns nicht von Göttern und Ideologien, sondern von Menschen und deren Empfindungen, von Leid, aber auch von Hoffnung. Gerade aus dem finsteren Ghetto dringt die kraftvollste Ermutigung.

Ein Thema für junge Leute, ausgeführt und dargestellt von jungen Leuten. Aktueller können wir nicht sein – ich wünsche Ihnen einen interessanten Konzertabend!

Mehr unter www.singakademie-dresden.de.

Matthias Rust

Cessna

Was haben wir damals gelacht im Osten, als Rust auf dem Roten Platz landete - für uns noch sehr lange vor der Wende...

Kleine Pointe zu diesem Artikel der Frankfurter Rundschau: laut Rundfunk, so hörte ich, sei Rust heute - professioneller Pokerspieler.

Sind wir das nicht irgendwie alle?
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